Sonntag, 10. Dezember 2017, 12.30 Uhr
Edinburgh, Easter Road Stadium
Spielplan sei Dank können wir
innerhalb von nicht einmal 24 Stunden gleich beide Erstligisten in Edinburgh
abhaken. Bei den Hibs dürfte aufgrund des Gegners sogar Unterhaltung auf den Rängen geboten sein, was sich dann auch zumindest ansatzweise bestätigt. Celtic besitzt
mit der Green Brigade so etwas wie Ultras, wobei man die nach
deutschen und erst recht nach italienischen Maßstäben nicht
unbedingt so bezeichnen würde. Bekannt ist die Green Brigade für
ihre politisch linke Einstellung, weshalb zu Spielbeginn auch mehrere
Palästina-Fahnen geschwenkt werden sowie das Spruchband „Jerusalem
is Palestine – fuck Trump“ gezeigt wird. Während dem Spiel
gibt’s phasenweise Support, allerdings nicht wirklich weltbewegend.
Einzige Ausnahme: Nachdem Scott Sinclair die Gäste mit zwei Toren in
der 59. und 64. Minute mit 2:0 in Führung bringt, klinkt sich
ausnahmsweise mal der gesamte Celtic-Mob, dem auch hier ein komplette
Hintertortribüne zur Verfügung gestellt wurde, in die Gesänge ein
und hebt das Stadion für ein paar Minuten regelrecht aus den Angeln.
Absolute Gänsehaut-Atmosphäre, zumal nicht irgendein belangloses
Tralala gesungen wird, sondern unter anderem Kampflieder der IRA.
Wenn die das 90 oder meinetwegen auch nur 20 Minuten lang so
durchziehen würden, fährt kein Mensch mehr nach Italien oder
Griechenland. Weltklasse! Auf Heimseite hat man stimmungsmäßig
nichts zu bieten (Ausnahme auch hier: der Ausgleich zum 2:2 in der
79. Minute), obwohl sich im hintersten Eck der anderen
Hintertortribüne ebenfalls ein paar Gestalten niedergelassen haben,
die Fahnen schwenken und optisch an Ultras erinnern. Aber halt nur
optisch. Eine hohe Punktzahl gibt’s auch in diesem Fall fürs
Stadion, das nicht nur mitten im Wohngebiet liegt, sondern von der
Haupttribüne aus den Blick auf die Nordsee gewährt. Mit 20.193
Zuschauern ist das Stadion der Hibs, die genau wie Stadtrivale Heart
of Midlothian viermal schottischer Meister waren (letzter Titel:
1952), offiziell ausverkauft. Tatsächlich sind noch einige freie Plätzr auf den Tribünen zu erkennen, dennoch gab es keinen offenen
Ticketverkauf. Um eine Karte kaufen zu können, musste man eine booking history vorweisen
können, also schon mehrfach Karten für Hibs-Spiele gekauft haben.
Hopper finden trotzdem irgendwie rein. Viel wichtiger ist aber, nach
dem Spiel zügig wieder rauszufinden. 45 Minuten nach Abpfiff müssen
wir den Zug am Hauptbahnhof Waverly nach Airdrie erwischen, was laut
Google Maps sogar zu Fuß spielend machbar ist – wenn kein
Hibs-Heimspiel ist. Weil das Easter Road Stadium aber wie gesagt
mitten in der Stadt liegt, sperrt die Polizei aus Gründen der
Fantrennung das ganze Viertel auch für Fußgänger großräumig ab.
Wir müssen einen riesigen Bogen laufen, finden natürlich partout
kein Taxi und springen irgendwann mal in irgendeinen Linienbus, mit
dem wir aufgrund des dichten Verkehrs aber noch langsamer vorankommen
als zu Fuß. Als es gefühlt minutenlang keinen Zentimeter mehr
vorwärts geht, hauen wir den Busfahrer an, er soll bitte einfach die
Türen aufmachen, weil wir schnell zum Bahnhof müssen – doch der
gibt sich britisch-korrekt und beharrt darauf, dass nur an
Haltestellen ausgestiegen werden darf. Glück für ihn, dass die
Fahrer hier nicht nur im Taxi, sondern auch im Bus durch eine Scheibe
vom Fahrgast getrennt werden. Glück aber auch für uns: Auf den
allerletzten Drücker hechten wir in den Zug. Wir hätten wirklich
keine Sekunde später kommen dürfen, sonst wäre das Spiel der
Airdrieonians flöten gegangen.