Deutschland, Regionalliga West (4.Liga)
Samstag, 23. April 2022, 14 Uhr
Bonn, Stadion Pennenfeld
Klar ist: Zum Tag des deutschen Bieres soll es mal wieder so eine richtig schöne Zug-Tour werden. Nur ist lange nicht ganz klar, wohin die Reise gehen soll. Zwei heiße Eisen sind im Feuer und da die Abfahrtszeit bei beiden fast identisch ist, wird bis zur kurz vor der Abfahrt am Bielefelder Hbf gegrübelt. Leider nicht das Rennen macht dann das Spiel Atlas Delmenhorst – VfB Lübeck (plus Bremenliga), stattdessen geht es in die ehemalige Hauptstadt Bonn. Denn dort finden nur noch zwei Spiele im Stadion Pennenhorst statt, ehe der Bonner SC wieder in den Sportpark Nord zurückkehrt, der derzeit saniert wird. Da es mit dem Regionalzug von Bielefeld bis ans andere Ende von NRW saftige vier Stunden mit dem Regionalzug dauert und wir nicht schon um Mitternacht losfahren wollten, bleibt's mangels Zeitfenster nur bei einem Doppler. Aber heute soll ja eh ein bisschen das Bier-Erlebnis im Vordergrund stehen. Und das wird auf der Zugfahrt schon reichlich geboten: Arminia Bielefeld spielt beim 1.FC Köln, Schalke 04 hat ein Heimspiel – da ist wieder einiges los an Bord! Immerhin haben wir in Bonn noch Zeit für einen kurzen Rundgang durch die echt schöne Innenstadt (in der Beethovens Geburtshaus steht) und hoffen, noch die berühmte Kirschblüte zu sehen. Dafür sind wir aber drei, vier Tage zu spät dran. Immerhin liegt die abgefallene Blütenpracht noch auf der Straße (und den parkenden Autos), so dass wir zumindest eine kleine Vorstellung bekommen. Aber wenn man sieht, was selbst jetzt noch an (zumeist nicht deutschen) Touristen unterwegs ist und wie sehr die berühmte Straße fotografiert wird, will man hier während der Blüte auch vielleicht gar nicht da sein. Einen echten Schock bekommen wir dagegen am Kassenhäuschen am Stadion Pennenfeld, wo unverschämte 15 Euro Eintritt verlangt werden – bei einem Verein, der in der nächsten Saison wohl nur noch in der Oberliga spielen wird. Ansonsten aber alles cool beim BSC, der sich als sympathischer Gastgeber präsentiert. Dazu gehört auch ein kurzer Schnack mit einem Ordner, der uns verrät, dass eigentlich alle (Verein, Fans, Spieler) das Stadion Pennenfeld besser finden als den zu großen Sportpark Nord und es Überlegungen gibt, vielleicht doch hier zu bleiben. Genutzt wird das Stadion derzeit ansonsten nur durch American Football. Ganz gut drauf sind auch die Fans vom BSC. Ist ja fast schon verblüffend, dass es hier eine eigene Fanszene gibt, wo doch der 1.FC Köln in Bonn so dominierend ist. Aber irgendwie passt das alles zu Bonn. Zu dieser Stadt, die urplötzlich Hauptstadt geworden ist, aber gar nichts hat, um das wirklich zu sein. Und da passt es eben auch, dass ihr Fußballverein in Deutschland nie eine große Rolle gespielt hat, obwohl Bonn mehr als 300.000 Einwohner hat. Umso passender der Schlachtruf "Ex-, Ex-, Ex-Hauptstadt" der BSC-Fans, weil der herrlich viel Selbstironie mit sich bringt. Ansonsten ist bei den BSC-Fans eine Mischung aus modernerem Liedgut der 20 Ultras und Schlachtrufen der ca. 30 Old-School-Fans angesagt. Auffallend ist, dass vor den Ultras keine Gruppenfahnen hängen, sondern die Nationalflaggen von Kambodscha und der Dominikanischen Republik – aufgrund der Farben Rot und Blau. Ein paar Gästefans aus Ostwestfalen sind auch anwesend, aber nur Trikotträger, die sich bunt im Stadion verteilt haben. Abschließend noch drei Worte zum Stadion Pennenfeld: Wirklich traurig, wenn das hier nur ein kurzes Gastspiel sein sollte. Viel zu schade, es nicht mit Fußball zu nutzen. Markant ist neben der großen Tribüne das Minarett der benachbarten König-Fahd-Akademie und ihrer Moschee. Die von Saudi-Arabien finanzierte Akademie hatte den zweifelhaften Ruf, Verbindungen zu salafistischen Kreisen zu haben, und wurde 2017 geschlossen. Zweifelhaft ist aber auch, dass mit Blick auf die in drei Wochen anstehende Landtagswahl in NRW eine mobile Anzeigentafel aufgestellt wird, unter der sich groß Wahlwerbung des SPD-Kandidaten befindet. Das hat hier einfach nichts zu suchen!