FFA Libreville – Académie Étoiles de Libreville 0:1

Gabun, Division 3 – Estuaire (3. Liga)
Freitag, 22. Dezember 2017, 16 Uhr
Akanda, Stade Cité des Ailes

Nach 15 Tagen in Europa geht’s schnellstens zurück nach Gabun, dieses Mal für ein paar Wochen mehr. Fußball darf dabei auch dieses Mal nicht fehlen. Natürlich lässt der Start der Ligue 1 weiter auf sich warten, aber zumindest hat die Zeitung heute Morgen hoch und heilig versprochen, dass es morgen am 23. Dezember endlich los ginge. Schon allein deshalb, weil ja auch bald die afrikanische Champions League beginnt, an der auch der gabunische Meister Mounana teilnimmt. Der braucht bis dahin Spielpraxis, um gegen den bereits zugelosten Meister aus Burkina Faso zu bestehen. Für mich gibt’s aber vorerst weiter nur Ligue 3, deren Spieltage grundsätzlich freitags ausgetragen werden. Es kann aber sein, dass einzelne Spiele bereits am Donnerstag stattfinden. Da die oberen beiden Ligen ihre Spieltage samstags und sonntags austragen, kann man hier im Idealfall also vier Spiele pro Woche schauen. Hopper-Land Gabun! Da ich im vergangenen Gabun-Bericht (Link) schon viel Grundsätzliches geschildert habe, sollen jetzt noch mal ein paar Sätze zum Alltagsleben in Gabun fallen. Das in diesen Tagen ebenfalls weihnachtlich geschmückte Gabun (wenngleich das bei knapp 40 Grad auf den Europäer ziemlich abgefahren wirkt) ist wie gesagt ein vergleichsweise reiches Land und deshalb auch vergleichsweise europäisch geprägt. Schon allein das Design der Verkehrsschilder lässt einen glauben machen, in Frankreich zu sein, denn das wurde 1:1 von der Kolonialmacht übernommen. Das Preisniveau ist sehr hoch, die meisten Produkte sind deutlich teurer als in Deutschland. Zum Beispiel eine Flasche importierter Innocent-Saft kostet im Supermarkt umgerechnet 13 Euro. Es gibt nur wenige Produkte, die in Gabun selbst produziert werden; die sind dann aber eher günstig. Genannt sei hier neben Fisch und Geflügel die einzige gabunische Biermarke Régab, für die man pro Halbliter-Dose im Supermarkt umgerechnet 80 Cent bezahlt. Alles andere ist im Prinzip aus Frankreich importiert, wie auch die Supermarktketten fast allesamt französische sind. Eine Konsequenz aus den im anderen Bericht erwähnten Verträgen, mit denen die ehemaligen französischen Kolonien weiter fest an Frankreich gebunden werden. Verantwortlich ist dafür auch die Währung, denn tatsächlich haben alle ehemaligen Kolonien Afrikas eine gemeinsame Währung: den Franc CFA. Das klingt auf den ersten Blick sehr fortschrittlich und nach gemeinsamer Währungszone à la Euro. Wenn man aber mal das Kürzel CFA ausschreibt, wird schnell klar, woher der Wind weht: Colonies Françaises d’Afrique (französische Kolonien in Afrika). Der Kolonial-Franc ist weltweit die letzte verbliebene koloniale Währung und ein Hauptgrund für die wirtschaftliche Misere Afrikas, zumindest des francophonen Teils. 80 Prozent der Gesamtdevisen des CFA-Franc sind in Frankreich eingelagert, wo auch die Scheine gedruckt werden.  Die afrikanischen Staaten müssen also ihr eigenes Geld in Frankreich einzahlen und abheben. Da der Kolonial-Franc in 14 verschiedenen Ländern zirkuliert, können natürlich keine nationalen Symbole verwendet werden. Also entscheiden die Franzosen über die Motive auf den Scheinen, die sich wenigstens ganz offen und ehrlich für das entschieden haben, womit sie Afrika in Verbindung bringen: Baumaschinen, Öltanker und Eisenbahnen, die Rohstoffe abtransportieren. Die französische Zentralbank, die ja selbst nur noch eine Filiale der EZB ist, besitzt innerhalb der CFA-Franc-Zentralbank eine Sperrminorität, so dass sie darüber entscheidet, was wirtschaftlich passiert. Aus diesem Grund kann der Kolonial-Franc auch nicht auf- oder abgewertet werden, was natürlich schädlich für die afrikanische Wirtschaft ist. Stattdessen ist der Kolonial-Franc noch immer im Verhältnis 1:100 fest an den französischen Franc gebunden – und damit auch an den Euro. Da 6,55 französische Franc einem Euro entsprechen, gibt’s für einen Euro also auch immer 655 Kolonial-Franc – egal ob im Sommer, Winter oder in der größten Wirtschaftskrise, egal ob in Kamerun, im Tschad oder eben in Gabun. Für Touristen mag dieser feste Wechselkurs ganz attraktiv sein, auch wenn sich 1:655 nicht so schnell im Kopf umrechnen lässt. Es gibt nur zwei Haken: Erstens ist dadurch in Gabun alles, was importiert wird (also alles), furchtbar teuer. Und zweitens gibt es hier keine Touristen. Es ist wirklich unglaublich: Landschaftlich ist Gabun das Paradies. Dagegen wirkt selbst die kroatische Adriaküste wie Tschernobyl. 855 Kilometer Küste mit feinstem Sandstrand und Palmen, die ins Meer ragen – größtenteils menschenleer. Und trotzdem gibt es keinen Tourismus. Warum nicht? Gabun ist mit seinem Erdöl und seinen vielen Bodenschätzen darauf nicht angewiesen, außerdem hat Diktator Ali Bongo großes Interesse daran, sein fast unbekanntes Land weiter möglichst unbekannt zu lassen. Freut Euch schon mal auf das Visum-Prozedere mit der Botschaft in Berlin (die übrigens auch für Österreich zuständig ist), wenn Ihr wirklich mal nach Gabun reisen wollt. Sollte das klappen, könnt Ihr aber sicher sein, einen Traumstrand nahezu für Euch alleine zu haben – reine Natur ohne auch nur eine Hotelburg, höchstens mal mit einer Strandbar alle paar Kilometer. Hier kann man sein Auto einfach ohne irgendwelche Gebühren oder Parkverbote am Straßenrand abstellen, aussteigen – und schon stehen die Füße im Sand. Ohnehin ist Gabun ein ziemlich lockeres Land, wenn's nicht um Politik geht. Da kann es schon mal sein, dass man an der Kasse im Supermarkt warten muss, weil über die Lautsprecher gerade ein gutes Lied kommt und die Kassiererin erst mal fertigtanzen muss.
Locker ist man hier auch was die Bespielbarkeit der Sportplätze angeht, denn was hier heute mit dem Stade Cité des Ailes unweit des Flughafens geboten wird, habe ich wirklich noch nie gesehen. Halb Sand, halb Sumpf. Während das Zentrum des Spielfeldes aus staubtrockenem Sand besteht, steht der Linienrichter bis zu den Knien im Schlamm. Es gibt mitunter keine Seitenlinien, weil auf Wasser kann man ja schlecht Kreide auftragen. Die Tore bestehen aus wackeligen Stangen, alles ist weit weg von FIFA-Normen. Es fehlt eigentlich nur noch, dass ein Baum im Mittelkreis steht. An dem hätten wohl auch die Straßenhunde ihre Freude, die regelmäßig über den Platz sausen. Hier ist kein ordentliches Fußballspiel möglich und folgerichtig fallen in 90 Minuten auch keine Tore, ehe in der Nachspielzeit der Ball dann doch noch irgendwie über die Linie rutscht. Unfassbare Zustände. Das Zuschauerinteresse ist relativ hoch, allerdings dürften nur die wenigsten wegen Fußball gekommen sein, denn das Stade Cité des Ailes grenzt an eine der Hauptverkehrsachsen von Libreville. Genau neben dem Stadion befindet sich ein großer Sammelpunkt für Taxis und Minibusse, weshalb hier immer unzählige Leute umsteigen und auf eine Weiterfahrt warten. In dem Fall vertreiben sich viele die Zeit mit Fußball gucken. Derweil komme ich mit einem Ersatzspieler der Gastgeber ins Gespräch (als Weißer kommt man hier sowieso mit jedem schnell ins Gespräch, sofern man des Französischen mächtig ist), der mir wenig überraschend mitteilt: Der für morgen geplante Start der Ligue 1 wurde soeben erneut verschoben.