Dienstag, 6. März 2018, 19 Uhr
Stuttgart, Waldaustadion
Vergleichsweise wenig Fußball war's in
letzter Zeit, da wird das Nachholspiel der Blauen gegen den 1.FC
Saarbrücken am Dienstagabend gerne mitgenommen. Mal eben stressfrei mit der U-Bahn
rauf auf die Waldau, hochglanzfreie Fußball-Atmosphäre unter
Flutlicht und sich ein bisschen von der Virage Est aus Saarbrücken
berieseln lassen – das ist der Plan. Geht natürlich gründlich in
die Hose. Das beginnt schon am Stadioneingang. Früher gab's selbst
vor der Gegengeraden keine Taschenkontrollen, heute werden auch die
Zuschauer auf den anständigen Plätzen durchsucht. Ergebnis: Die
Digitalkamera darf nicht mit rein. Kennt man aus der Türkei, aber
bei den Kickers habe ich das in 20 Jahren noch nie erlebt.
Diskussionen mit der herbeizitierten Oberordnerin, dann darf das Ding
plötzlich doch mit rein. Auch die Westtribüne macht nicht mehr so
viel Laune wie früher, denn neuerdings wird einem dort untersagt,
mal eben kurz ums Eck zum Bierstand der Haupttribüne zu gehen. Jetzt
muss man bis hinter die Gegengerade latschen. Dass dort bereits ab
der 60. Spielminute der Wurstvorrat zu Ende ist, ist einerseits
komplett dilettantisch, veranlasst die Ordner andererseits aber
trotzdem nicht dazu, die Leute zum Haupttribünen-Stand gehen zu lassen.
Man könnte meinen, das Waldaustadion sei kurz vor ausverkauft und
die Kickers können es sich leisten, den Freundlichkeitsfaktor mal
ein bisschen herunterzufahren. Tatsächlich habe ich in diesem
Jahrtausend noch nie so ein leeres Waldaustadion gesehen. Solche
Lücken auf der Gegengerade gab es nicht einmal in der schwachen
Zuschauerphase nach dem Zweitliga-Abstieg. Offiziell sind es 2.200
Zuschauer, darin eingerechnet sind aber auch die Dauerkarteninhaber
und vor allem jene Leute, die noch ein Ticket für den ursprünglichen
Termin des vor zweieinhalb Wochen abgesagten Spiels hatten. Hier steht also definitiv eine 1 vor der tatsächlichen
Zuschauerzahl – und das ist wirklich ein Tiefpunkt. In Anbetracht
der sportlichen und vor allem vereinspolitischen Entwicklung aber
auch kein Wunder. Der eigentliche Tiefschlag kommt dann beim Blick in
den Gästeblock: Virage Est nicht da. Den Saarbrückern wurde schon
beim eigentlichen Termin sehr übel mitgespielt, denn das Spiel wurde
erst eine gute halbe Stunde vor Anstoß abgesagt. Eine absolute
Frechheit gegenüber Gästefans, wenngleich die Schneemassen oben auf
der Waldau (die wohlgemerkt auf knapp 500 Metern Höhe liegt) echt
heftig waren. Beim Nachholspiel sind nur etwa 100 Normalos ohne
Support anwesend, die Virage Est befindet sich im Streik. Der
Stuttgarter B-Block hat damit das Unterhaltungsmonopol, das
vergleichsweise gut genutzt wird. Flutlicht-Atmosphäre pusht das
Kickers-Publikum erfahrungsgemäß, so auch dieses Mal. Allerdings ist das Liedgut wie
üblich gähnend langweilig und Enthusiasmus auch nicht wirklich
vorhanden. Die Wahrscheinlichkeit ist recht gering, beim
Kickers-Support rhythmisch mitzuwippen. Schade, denn eigentlich sind
alle Voraussetzungen vorhanden – aber der Schalter legt sich nun
mal nicht von alleine um. Dabei würde es dem Verein so gut tun, wenn zumindest auf den Rängen mal etwas geht.