Polis Di-Raja Malaysia FC – Universiti Kebangsaan Malaysia FC 0:1

Malaysia, Liga Premier (2. Liga)
Samstag, 9. März 2019, 15 Uhr
Selayang, Stadium Majlis Perbandaran

Wer denkt, dass Fußball in Singapur kurios ist, der sollte sich mal mit Malaysia beschäftigen. Vor allem in zwei Punkten unterscheidet sich das Land komplett vom Rest der Welt: Jahrelang gab es hier keine Liga, sondern nur einen Pokalwettbewerb, und jahrelang gab es hier keine Vereine. Es haben lediglich die regionalen Fußballverbände der einzelnen Bundesstaaten Malaysias sowie Teams von staatlichen Institutionen wie dem Militär, der Polizei oder Universtitäten gegeneinander gespielt. Das muslimische Malaysia ist generell ein extrem föderales Land – wesentlich föderaler als Deutschland. Dass die Flagge des Landes ein wenig an die der USA erinnert, ist also eine passende Parallele. Malaysia besteht aus 13 Bundesstaaten und 3 Bundesterritorien. Die Bundesterritorien bilden die Hauptstadt Kuala Lumpur, der neue Regierungssitz Putrajaya und die Insel Labuan. Jeder Bundesstaat und jedes Bundesterritorium hat ein eigenes Staatsoberhaupt. In neun Bundesstaaten steht ein Sultan an der Spitze, weshalb hier auch die Sharia Gesetz ist. Die vier übrigen Bundesstaaten werden von einem Gouverneur regiert, der jeweils vom malaysischen König ernannt wird. Die Bundesstaaten wiederum unterstehen direkt der Zentralregierung. Jeder Bundesstaat und jedes Bundesterritorium besitzt eine eigene Flagge, die Bundesterritorien zudem eine weitere, die sie alle drei repräsentiert. So kommt es, dass etwa in Kuala Lumpur meist drei Flaggen nebeneinander wegen – die malaysische, die von Kuala Lumpur und die Einheitsflagge der 3 Bundesterritorien. Ähnlich verrückt geht es im Fußball zu. Erst 1981 wurde die Liga eingeführt, ursprünglich aber nur als Qualifikationsrunde für den in Malaysia überaus populären Pokal. Inzwischen ist die malaysiche Super League – nach vielen Reformen – eine Liga wie auch in anderen Ländern, spielt dennoch bei den Fans nicht so die Rolle wie der Pokal. Der Zentralverband unternimmt zwar seit Jahren große Anstrengungen, das zu ändern, aber man bekommt es aus den Köpfen einfach nicht heraus. So herrscht in Malaysia bis heute absoluter Ausnahmezustand am Tag des Pokalfinales. Da dort natürlich keine Dauerkarten gelten und es auch noch keinen Online-Verkauf gibt, übernachten die Leute teilweise schon Tage vorher vor den Kassenhäuschen. Geöffnet hat sich die Liga inzwischen auch für normale Vereine, so dass nicht mehr nur die Fußballverbände der Bundesstaaten und Bundesterritorien sowie die Teams der staatlichen Institutionen gegeneinander spielen. Doch auch hier gilt: Die Vereine stehen in der Gunst des Publikums nicht sonderlich gut da.
Der Länderpunkt Malaysia fällt für mich mit dem Zweitliga-Aufeinandertreffen zwischen den Mannschaften der malaysischen Polizei und der Kebangsaan-Universität. Gespielt wird in Selayang, ein Vorort von Kuala Lumpur, der zum Bundesstaat Selangor gehört. Die Anreise im Reisebus von Singapur (Abfahrt am kleinen Busbahnhof am Golden Mile Tower) nach Kuala Lumpur ist relativ easy – mit Ausnahme des Grenzübertritts. Sowohl auf singapurischer als auch auf malaysischer Seite muss man den Reisebus verlassen, durch die Passkontrolle gehen und anschließend wieder in den Bus einsteigen. Allerdings warten die Busse nicht auf einen, falls das zu lange dauert. Zu lange dauert heißt in diesem Fall: mehr als 15 bis 20 Minuten. Ich hatte das bei der Recherche schon mehrmals im Internet gelesen, konnte das aber fast nicht glauben. Und tatsächlich: Sowohl auf meiner Hinfahrt als auch Rückfahrt lässt der Busfahrer Leute am Grenzübergang stehen, weil es ihm zu lange dauert. Man sollte also tunlichst darauf achten, sich mustergültig zu verhalten und den Grenzbeamten keinen Anlass geben, sich länger als nötig mit einem zu beschäftigen. Vor allem gilt das für die Gepäckkontrolle. Wer hier rausgezogen wird, verpasst seinen Bus in der Regel. Ich habe Glück, meine indischen Nebensitzer nicht. Für die Fahrt nach Kuala Lumpur habe ich mir übrigens einen First-Class-Bus mit extra breiten Sitzen (nur zwei statt vier Sitze pro Reihe) und Gratis-Mahlzeit gegönnt. Schlägt sich mit 59 Singapur-Dollar (knapp 40 Euro) zubuche, was für eine 350 Kilometer lange Strecke nicht unbedingt teuer ist. Im normalen Bus ist die Fahrt allerdings schon für 20 Singapur-Dollar zu haben. Passte in dem Fall aber nicht mehr dem Fahrplan zusammen, denn ich wollte möglichst früh in Kuala Lumpur sein und da kam eben nur die Edel-Karosse infrage. Bei der Einfahrt in die malaysische Hauptstadt fallen einem sofort die unzähligen Baukräne und Baustellen auf. Hier geht etwas voran, das merkt man sofort. Kuala Lumpur boomt – und das nicht erst seit gestern. Das merkt man zum Beispiel auch an den Petronas Towers, die mit ihren 452 Meter Höhe bis 2004 das höchste Gebäude der Welt waren. Sie sind aber längst nicht der einzige Wolkenkratzer der Stadt. Natürlich gönnt sich auch Kuala Lumpur eine moderne Monorail, allerdings ist das ÖPNV-System hier längst nicht so modern wie in Singapur. Außerhalb von Kuala Lumpur sieht es schon ein wenig düsterer in puncto ÖPNV aus – und man ist relativ schnell raus aus dem eigentlichen Kuala Lumpur. In der Hauptstadt Malaysias leben zwar knapp 2 Millionen Menschen, in den mit ihr verschmolzenen Vororten sind es aber noch mal weitere 6 Millionen. Einer dieser Vororte ist Selayang, ganz im Norden der Metropolregion rund um Kuala Lumpur. Zum Stadium Majlis Perbandaran gelangt man am besten mit dem Taxi. Für die rund 45-minütige Fahrt vom KL-Stadtzentrum aus verlangt der Taxifahrer zunächst pauschal 40 Ringgit (8 Euro), kann dann aber noch auf 30 Ringgit heruntergehandelt werden. Eigentlich sind Taxifahrer in Malaysia verpflichtet, den Taxameter einzuschalten, und dürfen nicht zum Pauschalpreis fahren. Aber wie‘s halt so ist… Abends ist es sowieso schwer, ein Taxi zu finden, das nach Taxameter fährt. Ganz anders wiederum läuft‘s am neuen Hauptbahnhof vom Kuala Lumpur. Dort muss man erst zu einem Schalter gehen, an dem man sein Fahrtziel nennt und muss vorab kilometergenau bezahlen. Man bekommt eine Quittung, die man dann im Taxi abgibt. Vor dem Stadium Majlis Perbandaran wird natürlich etwas doof geschaut, dass da ein Europäer mit dem Taxi vorfährt, denn es ist kaum etwas los. Nur 500 Zuschauer schauen sich den Kick an. Bei beiden Vereinen sind dafür Ultras am Start. In Sachen Fankultur gehört Malaysia ganz klar zu den besseren Ländern Asiens. Es gibt zwar längst nicht die Masse wie im Nachbarland Indonesien, aber es sind immer Ultras anwesend – auch in der 2. Liga. Der Supportstil ist ein grundsätzlich anderer als in Europa mit einem völlig anderen Trommelrhythmus. Als Europäer muss man sich erst einmal daran gewöhnen, vor allem weil die Melodien eigentlich europäisch sind (insbesondere griechisch) oder aber nordafrikanisch (man merkt schnell: es ist der gleiche, muslimische Kulturkreis), aber mit der Zeit gefällt‘s einem besser und irgendwann findet man es sogar richtig geil. So ergeht es zumindest mir. Optisch zeigen die malaysischen Ultras vollen Körpereinsatz bei 100-prozentiger Mitmachquote. Das wird in den nächsten Tagen auch bei größeren Kurven der Fall sein. Dass man ein malaysischer Kurvengänger ein Band seines Vereins in Karate-Kid-Manier um den Kopf gebunden hat, sorgt dann endgültig für das Klischee des unbändigen, dauersingenden asiatischen Ultras. Schön ist, dass es in malaysischen Stadien eine Catering-Kultur gibt. Bier gehört im muslimischen Malaysia zwar nicht dazu, dafür gibt alle möglichen Limos sowie mehrere verschiedene Gerichte. Ich entscheide mich für die angeblich nicht scharfen Nudeln, die mir einmal den kompletten Rachen durchblasen. Von so einem Zeug lasse ich den nächsten Tagen also tunlichst die Finger weg. Das Publikum ist beim malaysischen Polizei-Verein, der umgangssprachlich „The Cops“ genannt wird, etwas speziell, denn offenbar sind hauptsächlich Leute anwesend, die von Beruf Polizist sind. Einige haben sich auf das Trikot nicht etwa den Namen einen Spielers, sondern ihren Dienstgrad flocken lassen. Nach Abpfiff besteht das große Problem darin, wieder zurück nach Kuala Lumpur zu kommen. Taxis sind hier draußen absolute Mangelware. Nur alle zehn Minuten kommt mal eins vorbei, und das will dann nicht bis nach Kuala Lumpur fahren. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als mich zu einem markanten Punkt fahren zu lassen (in dem Fall die nicht weit entfernten Batu Caves) und mir dort ein neues Taxi zu suche. Ist bei den Batu Caves aber kein Problem, denn sie sind die eigentliche Hauptattraktion von Kuala Lumpur. Der Fahrer dort lässt sich sogar bequatschen, mich direkt zum rund 40 Kilometer entfernten Stadion in Shah Alam zu fahren, was genau am anderen Ende des Großraums von Kuala Lumpur liegt – und das sogar nach Taxameter.