Sonntag, 6. Mai 2018, 16 Uhr
Comano Terme, Stadio Arche
Mega-spannend ist der letzte Spieltag
der fünftklassigen Eccellenza Trentino Alto Adige, denn ganze vier
Mannschaften – darunter auch der FC Obermais – wissen noch nicht,
ob es am Ende Abstieg, Klassenerhalt oder die italienische Eigenheit
Entscheidungsspiel heißt. Anders als in den meisten anderen
Ländern zählt bei Punktgleichheit nämlich nicht die Tordifferenz,
sondern es wird zwischen den betroffenen Mannschaften ein Entscheidungsspiel angesetzt. Hinzu kommt die
Kuriosität, dass man in Italien über den Pokal in der Liga
aufsteigen kann, was dann auch Auswirkungen auf die Anzahl der
Absteiger hat. Mit dem SC Sankt Georgen ist dies einem Verein aus der
Eccellenza Trentino Alto Adige gelungen, der das Finale um den italienischen
Amateurpokal gegen Trani aus Apulien gewonnen hat und somit in die
Serie D aufsteigt. Interessante Bilder gab es vom in Florenz
ausgetragenen Finale, denn während Sankt Georgen nur von ein paar
Lederhosenträgern begleitet wurde, die Tirol-Fahnen geschwenkt
haben und völlig fehl am Platz wirkten, machten sich aus Süditalien
mehrere Busladungen voller Ultras auf den 630 Kilometer langen Weg. Feines Kontrastprogramm.
Interessant waren an der Stelle auch einige Kommentare von Trani-Fans
im Internet: In Italien ist außerhalb von Südtirol und des
Trentinos die besondere Geschichte Südtirols und die deutsche
Prägung der nördlichsten Provinz Italiens oft nicht bekannt –
wohl auch bewusst aus Gründen der nationalen Einheit. Italienische
Touristen, die zum ersten Mal nach Südtirol kommen, reagieren häufig extrem
verwundert auf die Zweisprachigkeit. Und so ist dann auch der
Kommentar eines Trani-Fans zu erklären, der auf Facebook bei einem
Foto von der Aufstellung von Sankt Georgen und den mehrheitlich
deutsch klingenden Nachnamen den Kommentar hinterließ: „Da spielen
mehr Ausländer als bei Inter!“ Im 25 Kilometer nördlich des
Gardasees gelegenen Comano Terme (3000 Einwohner) weiß man hingegen
um die Besonderheit der Nachbarprovinz bestens Bescheid und zeigt
sich – wie so oft im Trentino (natürlich mit Ausnahme von Trento)
– von einer extrem gastfreundlichen Seite. Es gibt sogar Bier aus
Glasflaschen. Leider gilt das nicht für den sportlichen Part, denn
obwohl es für die Gastgeber um nichts mehr geht, setzt es eine
0:2-Niederlage. Die überrascht jedoch nicht, denn Comano ist
Tabellenvierter. Glücklicherweise dreht sich auf den anderen Plätzen
in der zweiten Halbzeit alles zugunsten von Obermais, denn Stand
Halbzeitpause hätte ein Entscheidungsspiel gegen den SSV Naturns
gedroht. Ausgerechnet Naturns, denn der oft für rassistische
Eskapaden bekannte Dorfclub aus dem Vinschgau wurde zum Saisonende
mit einer Heimsperre belegt, weil ein muslimischer Schiedsrichter
rassistisch beleidigt wurde. Betroffen davon war auch vor einer Woche
das Heimspiel gegen Obermais, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit
auf neutralem Platz in Partschins ausgetragen werden musste. Die Curva Sud
vom FC Obermais reiste trotzdem konspirativ an, kam aufgrund der
anwesenden Carabinieri und Polizia nicht ganz bis an den Platz heran,
konnte die Mannschaft aber ohne Sicht aufs Spielgeschehen, dafür
wohl deutlich hörbar unterstützen. Der Sieg in Partschins bedeutete
die halbe Miete in Sachen Klassenerhalt, ein Entscheidungsspiel gegen
Naturns hätte da – auch aufgrund der gegensätzlichen politischen
Ansichten – einen ganz besonderen Geschmack gehabt. Keiner ist aber
unglücklich darüber, dass es im direkten Anlauf mit dem Nichtabstieg geklappt hat, und
so wird noch volle zweieinhalb Stunden nach Abpfiff am Bierstand des
Stadio Arche mit der gewohnt sehr nahbaren Mannschaft und den
gastfreundlichen Gastgebern gefeiert. Mittendrin auch die beiden
Obermaiser Legenden Michael „Henne“ Höller und Andreas „King
Lais“ Klotzner, die heute nach vielen Jahren ihr letztes Spiel für
den FC Obermais bestritten haben. Ihnen wurde zum Spielbeginn eine
kleine Choreo gewidmet, deren Reste sich die beiden Spieler – nach
schüchterner Nachfrage – von der Curva überreichen lassen. Starke
Sache, sich als Spieler so etwas irgendwo zu Hause aufzuhängen.
Zeigt aber auch die besondere Verbundenheit dieser beiden Legenden
zum Verein. Beide haben zu ihrem Abschied übrigens noch ein
Zeitungsinterview gegeben, das Höller mit den Worten abschließt:
„Rassismus wird es bei uns nie geben. Der FC Obermais darf seine
Identität nicht vergessen, aber es werden keine Unterschiede bei
Herkunft oder Sprache gemacht!“ Gigantisch, wenn sich Spieler so
sehr mit den Werten der eigenen Ultras identifizieren!