GS Kallithea – PAS Lamia 1:2

Griechenland, Kypello Elladas (Achtelfinale)
Dienstag, 10. Januar 2023, 16.30 Uhr
Kallithea, Stadio Grigoris Lamprakis

Früh aufstehen heißt es nach kurzer Nacht im Hotel in Agrinio, denn es geht mit dem ersten Bus zurück in den Großraum Athen. Schließlich geht es im griechischen Fußball in diesen Tagen Schlag auf Schlag weiter, denn mit den Rückspielen des Pokal-Achtelfinales folgte die nächste englische Woche. Auf mich wartet damit ein absoluter Stadion-Leckerbissen. Man ist in Griechenland ja viel Gutes gewohnt, aber das Stadion in Kallithea haut einen mit seiner Lage an einem Felsen, der in die Architektur integriert wurde, nochmal ganz besonders vom Hocker. Mit seinen 100.000 Einwohnern ist das direkt neben Tavros-Mosxato und damit sehr zentral gelegene Kallithea zwar „nur“ die fünftgrößte Stadt im Großraum Athen, mit rund 21.000 Einwohnern pro Quadratkilometern dafür aber die am dichtesten besiedelte Stadt Griechenlands. Platz ist hier also besonders kostbar, was sicherlich auch ein Grund für diese besondere Stadionarchitektur ist. Der örtliche Zweitligist GS Kallithea hat mit der Klika El Paso Gate 4 eine organisierte Fangruppe und bei der ist offenbar Western das große Thema. Sie gehört zu den ganz wenigen Gruppen in Griechenland, die politisch nicht links sind und hat sogar einen eher rechten Ruf. Da sich im Vereinswappen fünf rote Sterne befinden, die die fünf Vereine symbolisieren, die sich 1966 zur GS Kallithea zusammengeschlossen haben, wird der rote Stern gerne bei den unzähligen Schmierereien und Graffiti rund ums Stadion als Symbol genutzt, was die Szene rein optisch eher links wirken lässt, aber das ist allein auf das Vereinswappen, nicht aber auf die politische Gesinnung zurückzuführen. Im Stadion ist die Klika El Paso heute aus mir nicht bekannten Gründen nicht präsent, bezieht aber mit einem „Support your lokal teams“-Spruchband (bewusster Schreibfehler, da die Klika alles mit K statt C schreibt) Stellung auf dem Felsen über ihrer Kurve, von wo aus man perfekte Sicht aufs Spielfeld hat, und setzt dort auch hin und wieder Pyrotechnik ein. Im Stadion präsent sind dafür die Gästefans aus Lamia. Noch vor drei Tagen hatte ich die ja zu Hause gegen PAOK gesehen und da traten sie überhaupt nicht in Erscheinung. Jetzt sind sie komischerweise mit Zaunfahne und gelegentlichen Gesängen anwesend. Zwar nur mit rund 20 Leuten, aber das sind 20 Leute mehr als zu Hause gegen PAOK. Den Sinn dahinter verstehe ich nicht. Warum fährt man unter der Woche auswärts, aber geht nicht am Wochenende zu einem Highlight-Heimspiel? Der griechische Pokal wird wie erwähnt mit Hin- und Rückspiel ausgetragen, was ich persönlich als schlechten Modus empfinde, weil das den höherklassigen Mannschaften zugute kommt. Einem Underdog gelingt vielleicht in einem Spiel die große Überraschung, aber nicht in zwei Spielen. So auch in diesem Fall: Zweitligist GS Kallithea errang im Hinspiel ein 1:1-Unentschieden in Lamia, aber für ein Weiterkommen müsste jetzt sogar ein Sieg gegen den Erstligisten her. Man merkt schon an der sehr dürftigen Zuschauerzahl, dass daran kaum jemand glaubt. Und so gewinnen die Gäste dann auch mit 2:1, auch wenn eine erneute Überraschung zeitweise in der Luft liegt.


















































 

Panaitolikos FC – OF Irakleiou 0:4

Griechenland, Super League (1.Liga)
Montag, 9. Januar 2023, 17 Uhr
Agrinio, Stadio Panetolikou

Nach nur einer Nacht im angestammten Hotel am Athener Omonia-Platz geht es für mich schon wieder weiter – nämlich nach Agrinio (90.000 Einwohner), das nördlich der großen Halbinsel Peloponnes liegt. Erreichbar nur mit dem Bus, der dann auch die Route über den Peloponnes nimmt. Zuerst über den Isthmus von Korinth, weiter entlang der Nordküste des Peloponnes und schließlich über die moderne Rio-Andirrio-Brücke, die mit ihren knapp drei Kilometern Länge über den Golf von Korinth führt. Richtig tolle Strecke und preislich mit 23 Euro im Rahmen. Angekommen in Agrinio erwartet mich das typische Bild einer griechischen Stadt, geprägt von mehrgeschossigen Apartmenthäusern. Mit Panaitolikos besitzt die Stadt einen Verein, der in seiner Geschichte mehrfach erstklassig war, dies seit 2013 nun aber durchgehend ist. Die lokale Hauptgruppe nennt sich Warriors Gate 6 und hat Agrinio optisch voll im Griff. Kaum eine Ecke in der Stadt, an der sie keine Spuren hinterlassen hat. Das weckt die Vorfreude. Die wird verstärkt vom Stadion an sich, für das wieder die beiden üblichen Attribute zutreffen: a) eingepfercht zwischen Wohnhäusern und b) in desolatem Zustand, wobei es zumindest für griechische Verhältnisse sogar relativ in Schuss ist. Überhaupt ist es architektonisch etwas ganz Eigenes mit viel Wiedererkennungswert. Zu Gast ist heute OFI aus der kretischen Hauptstadt Heraklion bzw. Iraklio (üblich ist die Schreibweise Heraklion, aber Sinn macht der Vereinsname nur mit der Schreibweise Iraklio) – auch heute mal wieder ohne organisierte Fans. Zwar sitzen 24 Leute bunt verteilt im Gästeblock, aber bei ihnen dürfte es sich wohl um Exilanten handeln. Von Kreta selbst fährt die organisierte Szene (Snakes Gate 4) in der Regel nur bei wirklich wichtigen Spielen oder zum „Derby“ bei Olympiakos Piräus mit. Allein die Fährfahrt nach Piräus und zurück nimmt halt schon zwei Nächte in Anspruch. Und vom finanziellen Aspekt wollen wir beim durch die Finanzkrise immer noch so gebeutelten Griechenland erst gar nicht sprechen. In voller Sollstärke anwesend ist dagegen die Heimszene, die – wie so oft in Griechenland – politisch weit links steht. Richtig gut, was die rund 100 Mann da so treiben, und da ich ja ohnehin ein wahnsinniger Freund des griechischen Supportstils bin, werden auch diese 90 Minuten für mich wieder ein großer Genuss. Nach dem Spiel ist in der Stadt nicht mehr viel los, es ist halt Montagabend, aber zu meinem obligatorischen Souvlaki-Teller komme ich trotzdem noch.