Deutschland, Landesliga Braunschweig (6. Liga)
Samstag, 27. November 2021, 14 Uhr
Schöningen, Elmstadion
Schöningen – das klingt so schön süddeutsch, doch die Kleinstadt mit ihren 11.000 Einwohnern liegt in Niedersachsen. Genauer gesagt im ehemaligen Zonenrandgebiet, direkt an der Grenze zu Sachsen-Anhalt. Bis zum Fall der Mauer betrieb die NSA hier eine Abhörstation. Entspannt süddeutsch geht es dafür am Eingang zu, denn trotz Hinweisschildern verzichtet man auf 3G-Kontrollen. Südliche Gefühle kommen auch beim Hauptsponsor von Schöningen auf, denn der heißt Tessin. Gemeint ist jedoch nicht die Schweizer Kanton, sondern ein gleichnamiges Modehaus in Schöningen. Ansonsten werden im Elmstadion heute vornehmlich ostdeutsche Dialekte vernommen, denn aufgrund des Fußball-Lockdowns in weiten Teilen der neuen Bundesländer zieht es die ostdeutschen Hopper zwangsläufig gen Westen. Und nicht nur Hopper haben „rübergemacht“, denn aufgrund von Schöningens Grenzlage ist das Spiel auch für manch einen Fußballfan aus Sachsen-Anhalt interessant, der sonst weniger reisefreudig ist, sich aber aufgrund des Lockdowns dann aber doch ins Auto setzt, um Fußball in natura zu sehen. Auf jeden Fall eine interessante Mischung unter den Zuschauern, die so etwas richtig freundschaftliches hat. Für Interesse dürfte der FSV Schöningen auf der anderen Seite der Grenze aber ohnehin sorgen, denn er ist auf dem Weg nach oben und scheint wohl in dieser Saison ein Wörtchen um den Aufstieg in die Oberliga mitzureden. Unter anderem hat man sich mit zwei Ex-Profis verstärkt. Entstanden ist der Verein 2011 nach einer Fusion des FC Schöningen, von dem man noch einige Relikte im Elmstadion sehen kann, mit dem SV Hoiersdorf/Twieflingen. Gestartet war man vor zehn Jahren in der achtklassigen Kreisliga Helmstedt und belegte seither in jeder Liga durchweg einstellige Tabellenplätze. Abstiegskampf kennt man nicht. Mit den Schöninger Jungs gibt es auch eine kleine Fanszene, die es zumindest heute aber beim Fahne aufhängen belässt und ansonsten nicht weiter supportet. Nach dem Spiel gibt‘s für mich noch einen kleinen Spaziergang durch die kleine, mit Fachwerkhäusern gespickte Innenstadt, in der ich hinter dem Rathaus eine Entdeckung mache, die zwar ganz gut zu meiner morgendlichen Begegnung mit dem ostpreußischen Opa in Braunschweig passt, die aber in so manch einer anderen Stadt für massive Diskussionen sorgen würde. Dort steht nämlich ein Denkmal aus dem Jahr 1959, das an die deutschen Ostgebiete erinnert. „Vergesst den deutschen Osten nicht!“, steht dort auf einer Säule, auf der unter anderem die Wappen von Ostpreußen, Schlesien, Sachsen und dem Sudetenland abgebildet sind. Dazu der Aufruf, dass Berlin immer Hauptstadt mögen bleibe, was aus der Perspektive des Jahres 1959 und hier an der damaligen deutsch-deutschen Grenze durchaus ein Gschmäckle hat.