Deutschland, Testspiel
Samstag, 8. August 2020, 13 Uhr
Rödinghausen, Fichten-Arena
Meine Sammlung, geteilte Orte zu besuchen, ist heute wieder um ein Exemplar gewachsen. Ja, auch Bruchmühlen gibt es zweimal, denn die Landesgrenze zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen durchschneidet den Ort. Die eine Hälfte gehört zu Melle, die andere zu Rödinghausen. Geprägt ist der Ort somit von gelben Ortseingangsschildern, auf denen zwar immer groß „Bruchmühlen“ zu lesen ist, darunter aber entweder „Melle“ oder „Rödinghausen“ steht. Teilweise verläuft die Landesgrenze sogar in der Mitte der Straße. Die eine Straßenseite gehört dann zu Niedersachsen, die andere zu NRW. Einen spannenden historischen Hintergrund hat das nicht. Zuerst existierte jahrhundertelang nur das niedersächsische Bruchmühlen mit seinen heute 2.700 Einwohnern, das sich mit der Zeit immer weiter in Richtung westfälische Landesgrenze ausdehnte, wo die beiden westfälischen Orte Westkilver und Ostkilver nicht weit von der Grenze entfernt standen. Auch Westkilver dehnte sich mit der Zeit in Richtung der Landesgrenze aus und verwuchs schließlich mit dem niedersächsischen Bruchmühlen. Aus zwei wurde eins und 1968 nannte sich Westkilver einfach in Bruchmühlen um, weil es das ja eigentlich ohnehin schon war. Das westfälische Bruchmühlen hat heute 3.300 Einwohner und ist damit sogar größer als das Original. Im Alltag spielt die Landesgrenze kaum eine Rolle – mit einer Ausnahme, denn NRW setzte die Rechtschreibreform später um. Die eine Straßenseite in Bruchmühlen schrieb also eine Zeit lang „Portemonnaie“, die andere „Portmonee“. RTL empfand das damals als derart kurios, dass man eine Reportage zur Rechtschreibreform in Bruchmühlen drehte. 2020 herrscht jedoch beim geschriebenen Wort Einigkeit in beiden Bruchmühlen. Einigkeit herrscht auch im Fußball, denn mit dem TuS Bruchmühlen gibt es nur einen einzigen Verein in beiden Orten – und zwar im westfälischen Teil. Der Verein ist ohnehin westfälischen Ursprungs, da er 1973 aus einer Fusion von Germania Westkilver (das sich analog zum Ort in Germania Bruchmühlen umbenannt hatte) mit dem TuS Ostkilver entstand. Zusammengefasst: Das eigentliche Bruchmühlen liegt in Niedersachsen, das etwas einwohnerstärkere Bruchmühlen aber in Westfalen, das zusammen mit Ostkilver dann fast doppelt so viele Einwohner wie das niedersächsische Bruchmühlen hat. Da wundert es nicht, dass sich das Fußballgeschehen im westfälischen Teil abspielt. Allein der Blick auf die Sponsoren des TuS Bruchmühlen zeigt aber deutlich, dass der Verein von beiden Ortshälften unterstützt wird und er einfach der Verein beider Ortshälften ist. Der Sportplatz allerdings steht weder im niedersächsischen noch im westfälischen Bruchmühlen, sondern in Ostkilver. Aus dem eigentlichen Namen Sportplatz an den Fichten wurde inzwischen die Fichten-Arena. Nun gut, klingt nicht sympathisch, aber soll halt so sein. Umbenennungen scheinen hier eine gewisse Tradition zu haben. Vor sieben Jahren spielte der TuS Bruchmühlen noch in der Kreisliga A, seit 2019 zwei Klassen höher in der Landesliga Westfalen. Spätestens das sollte es den Niedersachsen versüßen, über die Grenze zu fahren und den Nachbarverein zu unterstützen. Einen Ausbau besitzt die Fichten-Arena nicht, macht aber einen sehr aufgeräumten Eindruck und hat ein cooles schmiedeeiserenes Tor am Eingang stehen. Man merkt, dass der Verein nicht aus dem letzten Loch pfeift. Auch um die Jugendarbeit scheint es ganz gut bestellt zu sein, wie man nicht zuletzt am 6:4-Testspiel-Sieg der A-Junioren gegen die Altersgenossen des TuS Jöllenbeck aus Bielefeld erkennen kann.