Deutschland, Testspiel
Samstag, 1. August 2020, 13 Uhr
Gütersloh, Stadion Isselhorster Straße
Ich bin ein großer Fan von Zügen und reise immer, wenn möglich, mit Bus und Bahn an. Das hat nicht nur etwas mit Eisenbahn-Romantik zu tun, sondern man lernt eine Gegend einfach viel besser kennen, wenn man im gleichen Verkehrsmittel wie die Einheimischen unterwegs ist anstatt sich etwas isoliert im Auto fortzubewegen. Großer Nachteil ist natürlich die Abhängigkeit von Fahrplänen und die damit verbundene deutlich geringere Flexibilität – insbesondere dann, wenn man zu mehreren Spielen an einem Tag will. Groß ist also die Freude, dass der heutige Doppler in Gütersloh mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewerkstelligen ist. Getrübt wird die allerdings von der derzeitigen Corona-Hysterie. Ich lehne die Maskenpflicht nicht per se ab, finde aber, dass bei der Durchsetzung manchmal das Augenmaß verloren geht und sie leider viel zu oft stur durchgeprügelt wird. So zum Beispiel auch heute in der Eurobahn in Richtung Gütersloh. Im Bielefelder Hauptbahnhof hatte ich mir kurz zuvor einen Kaffee gekauft und da mein Rachen nicht aus Gusseisen ist, ich das heiße Getränke also nicht sofort in Gänze in mich reinschütte, nehme ich die Maske ab, um den Kaffee zu schlürfen. Sofort tritt der Schaffner auf den Plan und droht mit Sanktionen. Auf meine Frage, ob man denn im Bahnhof gekauften Kaffee nicht im Zug trinken dürfe und wie das mit Maske vor dem Mund gehen soll, kommt ernsthaft die Antwort: „Dann kann man jetzt halt mal keinen Kaffee trinken.“ Ich frage nach, ob denn der Konsum von Heißgetränken denn jetzt im Zug verboten sei, doch die Diskussion ist für den Schaffner schon beendet. Es folgt der Griff zum längeren Hebel und die Androhung, aus dem Zug zu fliegen. Im Nachgang werde ich übrigens die gleiche Frage schriftlich dem Kundenservice der Eurobahn stellen. Eine Antwort erhalte ich auch dort nicht. Ein Glück, dass Avenwedde gleich der erste Bahnhof hinter der Bielefelder Stadtgrenze ist. Die beiden Gütersloher Stadtteile Avenwedde und Isselhorst teilen sich den Bahnhof, der genau zwischen beiden Orten liegt. Das 1989 erbaute Stadion an der Isselhorster Straße (war mal ein Ascheplatz, wie man unschwer an der bräunlichen Färbung der Werbebanden erkennen kann) steht dagegen am anderen Ende von Avenwedde, so dass man beim Spaziergang vom Bahnhof zum Stadion den ganzen Ort zu sehen bekommt. Spektakuläres ist wenig überraschend nicht dabei. Ostwestfälische Einöde, gegossen in roten Klinker, wie so oft in dieser Gegend. Der Name des heutigen Testspielgegners sorgt zumindest für ein bisschen Glitzer, denn der SC Verl hat mit seinem Aufstieg in die 3. Liga einen kleinen Hype in Ostwestfalen ausgelöst. Blödes Timing für den Sportclub, dass Arminia Bielefeld im gleichen Atemzug zum nunmehr achten Mal in die Bundesliga aufgestiegen ist, was in Ostwestfalen natürlich für den ungleich größeren Hype gesorgt hat. Der Aufstieg des SC Verl lief damit ein bisschen unter dem Radar. Heute ist es ohnehin nur die zweite Mannschaft, die beim Bezirksligsten SV Avenwedde gastiert, was die Gastgeber aber nicht davon abhält, für dieses Testspiel Eintritt zu verlangen. Das ist – genau wie in Baden-Württemberg – auch in Westfalen absolut unüblich, aber offenbar will man von diesem kleinen Kuchen namens SC Verl ein kleines Stückchen abhaben. Rund 50 Zuschauer sind bereit, bei ungemütlichem Regenwetter ein paar Münzen auf den Tisch zu legen, und sehen für ihr Geld einen klar dominierenden SC Verl II. Nach dem Spiel können wir uns den Fußmarsch zurück zum Bahnhof ersparen, denn von der Bushaltestelle in Stadionnähe bringt uns ein Linienbus ins Gütersloher Stadtzentrum.