Deutschland, Testspiel
Sonntag, 9. August 2020, 13 Uhr
Gelsenkirchen, Stadion Lüttinghof
Zuerst drei geile Grounds in Gelsenkirchen, dann ein Spiel in der Dortmunder Nordstadt. Weil uns der vergangene Sonntag so dermaßen gut gefallen hatte, erstellen wir nur sieben Tage später eine exakte Kopie des Programms – natürlich mit anderen Grounds. Die Rechnung hatte ich aber leider ohne mein Auto gemacht, das am Vorabend den Geist aufgegeben hatte. Eigentlich kein Problem, ich bekomme in so einem Fall vom Hersteller kostenlos einen Mietwagen zur Verfügung gestellt. Freundlich hatte mich der Mietwagen-Service gefragt, ob man mir das Fahrzeug auch erst am Sonntagmorgen zur Verfügung stellen könnte, da das für sie organisatorisch einfacher (also billiger) wäre anstatt noch am späten Samstagabend aktiv werden zu müssen. Ja, kein Problem für mich – wenn der Mietwagen dann auch wirklich am Sonntag um 8 Uhr bei mir in Bielefeld vor der Tür steht. Doch denkste. Während mir der Mietwagen-Service zu Hause in Baden-Württemberg das Auto bislang immer direkt zur Haustür gebracht hat, heißt es in Bielefeld lapidar: „Sie können das Fahrzeug um 10.30 Uhr bei Sixt abholen.“ Das 11-Uhr-Testspiel des Schalker Nachwuchses im Parkstadion geht damit flöten. Das kommt davon, wenn man sich kulant zeigt und nicht darauf pocht, dass die Karre schon mitten in der Nacht angeliefert wird. Es spricht dann aber für eindrucksvolle Stadionlandschaft von Gelsenkirchen (oder wie wir es ja jetzt nur noch nennen: Groundenkirchen), dass das Programm auch ohne das Spiel im Parkstadion noch immer attraktiv genug ist und wir uns somit trotzdem auf den Weg in den Ruhrpott machen. In Hassel erwartet uns das typische Gelsenkirchener Stadtbild, bei dem manch einer vielleicht sagen würde: trostlos und grau. Ich halte das dagegen für authentisch, für ein Stück Geschichte. Es muss nicht immer Fachwerk sein – und schon gar Schickimicki. Typisch Gelsenkirchener Stadtbild heißt auch, dass in Hassel natürlich ein ansehnliches Stadion steht. Benannt ist es nach dem Haus Lüttinghof, bei dem es sich um eine kleine Burg aus dem 14. Jahrhundert handelt, die noch immer in Hassel steht. Sie ist das älteste Gebäude von Gelsenkirchen. Kein Unikat ist dagegen das Stadion Lüttinghof, das es in der Stadt ganze dreimal gibt. In Groundenkirchen werden Stadien schließlich wie am Fließband produziert, weshalb mit dem gleichen Bauplan gleich drei nahezu identische Tribünen gebaut wurden – in den Stadtteilen Hassel, Ückendorf und Emscherbruch. Das Stadion Lüttinghof entscheidet sich mit zwei Elementen jedoch ganz massiv von seinen beiden Drillingsbrüdern: Zum einen steht hier ein sehr charmanter Eingangsbereich, auf denen der Stadionname in großen Lettern zu lesen ist, zum anderen wurde die Tribüne mit königsblauen Sitzschalen aus der alten Südkurve des Parkstadions bestückt. Wie viel davon in naher Zukunft übrig bleibt, wird sich zeigen, denn das Stadion Lüttinghof soll umgebaut werden. Aktuell werden Ideen gesammelt, die Planung soll dann 2022 abgeschlossen sein. Verbunden ist der SC Hassel mit dem FC Schalke 04 derweil nicht nur über die alten Sitzschalen, denn die Königsblauen treten auf den Werbebanden im Stadion Lüttinghof gleich zweimal als Sponsor auf. Zudem trat der SC Hassel vor sechs Jahren seine Basketball-Abteilung an den FC Schalke 04 ab. Im Fußball spielte der SC Hassel in den vergangenen 35 Jahren mehrfach in der Oberliga und war damit die Nummer 2 von Gelsenkirchen. Inzwischen ist man in die Bezirksliga abgerutscht und nicht mal mehr in Hassel der Platzhirsch, denn der türkische Verein YEG Hassel, der ebenfalls seine Heimspiele im Stadion Lüttinghof austrägt, ist zwei Etagen höher in der Westfalenliga vertreten. Im heutigen Testspiel hat man den SV Horst-Emscher aber im Griff, und das obwohl der SC Hassel am Vortag schon einmal ran musste. Zwei Testspiele innerhalb von zwei Tagen sind ungewöhnlich, aber in Gelsenkirchen scheint man nicht nur Stadion, sondern auch Testspiele am laufenden Band zu produzieren. Gut so.