FC Zbrojovka Brno – SK Sigma Olomouc 2:0

Tschechien, Testspiel 
Donnerstag, 10. Oktober 2019, 19 Uhr 
Brno, Stadion Za Lužánkami 

Mal eben an einem Donnerstag für ein Testspiel in den Osten Tschechiens fahren… Der FC Zbrojovka Brno ist schon ein komischer Kauz. Obwohl Brno (Deutsch: Brünn) mit fast 400.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Tschechiens ist und dort etwa die obersten Gerichte des Landes angesiedelt sind, ist man im Fußball nahezu gänzlich erfolglos. Der einzige Titel ist der tschechslowakische Meistertitel 1977/78, dazu erreichte man in der Saison 1979/80 das Viertelfinale im UEFA-Cup – mehr nicht. Auch nach der Wende bekam der Verein in Tschechien sportlich kein Bein auf den Boden und spielte phasenweise sogar nur in der 2. Liga. Und trotzdem ist der FC Zbrojovka Brno ein populärer Anti-Held, denn während in den 90er-Jahren in Tschechien im Schnitt nur 6.000 Zuschauer zu den übrigen Spielen kamen, wurden die Heimspiele des FC Zbrojovka teilweise von über 40.000 Zuschauern besucht. Wichtigstes Element dieser absoluten Sonderstellung im tschechischen Fußball ist das Stadion Za Lužánkami, zu dem die Fans eine ganz enge Bindung haben. Die Hütte ist entscheidender Teil der Vereins-DNA. Und so ist auch zu erklären, dass der FC Zbrojovka heute kein mehr so besonderer Verein ist, nachdem er um die Jahrtausendwende das Stadion Za Lužánkami verließ. Besser gesagt: verlassen musste, denn das Ding war einfach nicht mehr tauglich für den Spielbetrieb. Auf den Tribünen wuchsen schon Bäume. Den Neubau im Norden der Stadt haben die Fans nicht angenommen, die Zuschauerzahlen sind schlecht. Ich selbst habe dort drei Spiele in den vergangen Jahren gesehen und immer war die Zuschauerzahl nur dreistellig. Immer wieder gab es Pläne, ins alte Stadion zurückzukehren, die jedoch allesamt scheiterten. Schließlich nahm 2015 der damalige Kapitän Petr Švancara die Sache in die Hand und versammelte zahlreiche Fans hinter sich, die das Za Lužánkami auf Vordermann brachten, damit dort wieder ein Fußballspiel stattfinden kann – kein Ligaspiel, aber zumindest Švancaras eigenes Abschiedsspiel. An jenem 27. Juni 2015 trat ein All-Star-Team gegen eine aus Eishockeyspielern gebildete Auswahl an. Sportlich völlig für die Katz‘, trotzdem platzte das Stadion aus allen Nähten. 25.000 Zuschauer waren zugelassen, 35.000 drin. Irgendwann soll man nicht mal mehr trotz gültigem Ticket reingekommen sein und es ist sogar davon zu lesen, dass man froh sein konnte, dass es aufgrund der maßlosen Überfüllung zu keinen Zwischenfällen gekommen ist. 

Dass nun erneut ein Testspiel im Za Lužánkami angesetzt ist, bringt natürlich wieder reichlich Bewegung in die deutsche Hopper-Gemeinde. Recht früh wird sogar ein Online-Kartenverkauf freigeschaltet, bei dem trotz des ungünstigen Spieltermins sofort zugeschlagen wird. War in Tschechien bislang noch nie notwendig, schon gar nicht bei einem Testspiel, aber das unterstreicht, dass das ein Sonderfall ist. Bei einem Ticketpreis von umgerechnet 6 Euro pro Stück kann bei einem Testspiel in Tschechien zwar nicht von Schnäppchen sprechen, dafür locken die Deutsche Bahn (Stuttgart – Wien für 33 Euro mit Bahncard 25) und die ÖBB (Wien – Brünn für 7 Euro) mit starken Preisen. Obendrauf bleibt Zeit, sich Brünn mal wieder genauer anzuschauen. Meine letzte Zug-Tour hierhin ist immerhin fast 20 Jahre her. Da der Hauptbahnhof wegen Sanierungsarbeiten das gesamte Jahr 2019 vom Netz genommen ist, halten die Fernzüge aktuell am wenig einladenden dolní nádraží (unterer Bahnhof). Zwar bringen einen kostenlose Shuttlebusse schnell ins Zentrum, doch der erste Eindruck von der Stadt ist dadurch nicht der beste. Zu Unrecht, denn Brünn galt schon zur Jahrtausendwende als Geheimtipp und wird nach wie vor als erfrischende Alternative zu Prag bezeichnet. Entscheidend ist heute aber das Stadion und da wundere ich mich schon weit vor dem Eingang über die nicht vorhandene Geräuschkulisse. Es wird also schnell klar, dass keine Verhältnisse wie 2015 herrschen werden. Am Ende sind es nur ein paar Hundert Zuschauer. Vielleicht ist die Idee, im Za Lužánkami zu spielen, inzwischen ausgelutscht. Vielleicht war vor vier Jahren auch ein ganz anderer Spirit da, weil die Fans das Stadion erst kurz vorher selbst fit gemacht haben. Dieses Mal herrscht eher Klassentreffen-Atmosphäre, wenngleich die vielen Bierstände darauf hinweisen, dass man schon mit deutlich mehr Zuschauern gerechnet hat. Sportlich wird heute dagegen ein deutlich besseres Niveau als 2015 geboten. Zunächst treten ab 17 Uhr die Traditionsmannschaften von Zbrojovka Brno und Sigma Olomouc gegeneinander an, dann ab 19 Uhr die Erstliga-Teams. Fragen warf bei mir die zweite Partie auf, denn das Za Lužánkami besitzt kein Flutlicht. Gelöst wird dieses Problem von der Brünner Feuerwehr, die sechs mobile Strahler aufstellt und so für einigermaßen gute Sicht sorgt. Für ein Ligaspiel würde die Lichtstärke aber keinesfalls ausreichen. Auf den Tribünen herrscht dagegen echte Finsternis und man muss wirklich aufpassen, wohin man tritt. Die Stufen sind schon von Haus aus sehr steil und schmal, hinzu kommen nicht wenige Stolperfallen durch den maroden Zustand. Anwesend ist auch die Fanszene von Zbrojovka Brno mit zahlreichen Zaunfahnen und gelegentlichem Support. Dass die sich die Lichtverhältnisse zunutze macht und eine saftige Pyro-Show abliefert, wäre eine sichere Wette gewesen. So kommt es dann wie erwartet auch.