Deutschland, B-Junioren-Landesklasse Brandenburg – Staffel Süd
Sonntag, 25. Juni 2023, 11.30 Uhr
Finsterwalde, Einheitsportplatz
Finsterwalde – noch mehr nach brandenburgischer Einöde kann ein Ort nicht klingen. Das etwa 30 Kilometer nordwestlich von Senftenberg gelegene 15.000-Einwohner-Städtchen ist aber der ideale Ort, um dort den Sonntag zu verbringen, denn dass irgendwo in Deutschland an einem 25. Juni noch zwei Pflichtspiele am gleichen Tag geboten werden, ist eine absolute Seltenheit. Mit dem Zug muss man von Senftenberg nach Finsterwalde einen ziemlichen Umweg fahren und erst einmal 35 Kilometer in Richtung Norden nach Calau fahren, um von dort weitere 30 Kilometer nach Finsterwalde zu fahren. Es lohnt sich aber, denn der Bahnhof in Calau ist eine absolute Pracht. Dort ist die Zeit seit 1989 wirklich stehengeblieben. Ähnlich sieht es in Finsterwalde aus, insbesondere rund um den Bahnhof. Finsterwalde bezeichnet sich sehr offensiv als Sängerstadt und spielt damit auf das 1899 komponierte Finsterwalder Sängerlied an. Ein Schlager, der zumindest mir vollkommen unbekannt ist, der damals aber in Berlin ziemlich beliebt gewesen sein soll. Basierend auf diese Popularität in der Hauptstadt findet seit 1956 alle zwei Jahre in Finsterwalde das Sängerfest statt, das als eines der größten Volksfeste in Brandenburg gilt. Auch im Fußball hat der Begriff Einzug erhalten, denn 2016 schlossen sich Hertha Finsterwalde und die DJK Finsterwalde zum FC Sängerstadt zusammen. Die werde ich am Nachmittag besuchen, doch zunächst geht es zur Spvgg Finsterwalde. Ich muss schon sagen: Obwohl Finsterwalde nur 15.000 Einwohner hat, gibt es doch eine stattliche Anzahl an Vereinen – und Grounds! Allen voran das Stadion des Friedens, das aktuell aber leider nur noch von Jugend des FC Sängerstadt bespielt wird. Einen Ausbau besitzt allerdings auch der Einheitsportplatz der Spvgg Finsterwalde, in Form einer Reihe mit Sitzbänken sowie zwei Stufen davor. Alles ein bisschen chaotisch auf dem Gelände, unter anderem hängen gewaschene Trikotsätze herum, viel Gestrüpp, aber doch sehr charmant. Ein alter Sprecherturm ist auch noch dabei. Der Name des Platzes geht übrigens nicht auf die deutsche Einheit zurück, sondern auf den Namen, den der 1912 als Finsterwalder Ballspielclub gegründete Verein direkt nach dem Zweiten Weltkrieg annehmen musste: SG Einheit Finsterwalde. Diesen Namen hatte man allerdings nur für wenige Monate und wie so viele DDR-Vereine wechselte man seinen Namen recht häufig. Letztendlich erhielt man den Namen BSG Fimag Finsterwalde, dann 1952 BSG Motor Finsterwalde. Teilweise wird auch der Name BSG Motor Finsterwalde-Ost genannt, in Abgrenzung zum Vorgängerverein von Hertha Finsterwalde, der sich BSG Motor Finsterwalde-Süd nannte. Ziemlich irre. Als Trägerbetrieb diente der VEB Fimag, ein Elektromaschinenwerk, das auch größter Betrieb der Stadt war. Nach der Wende wurde aus der BSG Motor-Süd wieder die Hertha und die BSG Motor-Ost gab sich den Namen Spvgg Finsterwalde, den man schon seit 1924 trug. Denn auch vor dem Zweiten Weltkrieg waren Namensänderung in Finsterwalde an der Tagesordnung. Schon den ursprünglichen Namen Ballspielclub trug man 1912 nur wenige Woche und schloss dann mit dem Verein Lustige Brüder Finsterwalde (genial!) zu Vorwärts Finsterwalde zusammen. Da dieser Name zu sozialdemokratisch klang, folgte ebenfalls nur wenige Wochen später die Umbenennung in Sparta Finsterwalde. 1924 kam es schließlich zum besagten Zusammenschluss mit dem VfB Finsterwalde zur Spielvereinigung. Ziemlich üppige Chronik für einen Verein, der höherklassig nie etwas gerissen hat, allerdings ist die Historie wirklich gut aufgearbeitet worden. Großen Respekt dafür! Zu sehen bekomme ich heute die B-Jugend der Spvgg Finsterwalde gegen die Fußballunion Niederlausitz aus Guben. Sportlich geht es hier noch um eine ganze Menge, denn die Gastgeber stehen auf einem Abstiegsplatz und müssen dringend punkten, während die Gäste an diesem vorletzten Spieltag (es wird tatsächlich bis in den Juli hinein gespielt) als Tabellenzweite drei Punkte hinter Spitzenreiter 1.FC Frankfurt liegen, der das deutlich bessere Torverhältnis hat. Die JFV FUN – wie man sich eigentlich nur nennt – muss also möglichst hoch gewinnen und so erklärt sich dann auch der 7:0-Sieg.