Sonntag, 8. März 2020, 9 Uhr
Bielefeld, Sportplatz am Kupferhammer
Reden wir nicht lange um den heißen Brei herum: Heute wird mit dem Sportplatz am Kupferhammer im Bielefelder Stadtteil Brackwede endlich der Ground der Grounds gemacht. Vom Satire-Magazin „Extra 3“ einst zum skurrilsten Sportplatz Deutschlands gekürt, doch schon bald könnten die irren Zeiten des Kupferhammers gezählt sein, denn die Stadt Bielefeld will ihn demnächst sanieren. Skurril ist der Platz deshalb, weil er ein sogenannter Glatzenplatz ist. Die beiden äußeren Drittel des Spielfelds bestehen aus Rasen, das mittlere Drittel aus Asche. Die Glatzenplätze galten in Westdeutschland und insbesondere in NRW einst als taktische Errungenschaft, weil man davon ausging, dass Zweikämpfe eher im Zentrum des Spielfelds stattfinden, wo dementsprechend ein Aschebelag Sinn machen würde, während über außen schön gespielt werde, wo man dann Rasen benötige. Tatsächliche Konsequenz ist ein erhöhtes Verletzungsrisiko, insbesondere an den Nahtstellen von Rasen und Asche, weshalb die Glatzenplätze immer mehr verschwinden. Noch gibt es sie aber, in Bielefeld sogar zwei, denn neben dem Kupferhammer steht ein weiterer im Stadtteil Ummeln, der aber nur als Trainingsplatz genutzt wird. Der Kupferhammer ist dagegen der Hauptplatz des FC Türk Sport (und neuerdings des Griechischen SV Cosmos), der in der Bezirksliga und damit vergleichsweise hochklassig spielt. Hier reisen also nicht nur Mannschaften aus dem Fußballkreis Bielefeld an. Das dürfte auch der Grund sein, warum ausgerechnet er von der Redaktion von „Extra 3“ ausgewählt wurde. Die Zeit drängt nun, denn so ganz ist nicht klar, ob die Sanierungsarbeiten auch einen Belagwechsel beinhalten werden. Der FC Türk Sport macht jedenfalls schon länger Druck und betont immer wieder, mit diesem Platz die „Lachnummer der Nation“ zu sein. Von den sechs türkischen (plus zwei kurdischen) Vereinen, die aktuell in Bielefeld am Spielbetrieb teilnehmen, ist der 1976 gegründete FC Türk Sport der älteste und auch der mit der größten Reichweite. Gleich drei Mannschaften stellt er im aktiven Bereich, dazu eine eigene A-Jugend – das ist bei Migrantenvereinen alles andere als die Regel. Aufgrund der genialen Anstoßzeit suchen wir uns ein Heimspiel der dritten Mannschaft heraus, bei der meist um 9 und teilweise schon um 8.30 Uhr angepfiffen wird. Ich glaube, auf diesem Platz sollte man unbedingt ein möglichst schäbiges Spiel schauen. Die dritte Mannschaft des FC Türk Sport ist dann auch wie erwartet ein absoluter Augenschmaus, allein die Viererkette dürfte es zusammengerechnet auf ein Alter von 200 Jahren bringen. Das Gegenstück ist der heutige Gegner, denn Hoberge-Uerentrup ist der Villen-Stadtteil von Bielefeld, sozusagen das hiesige Grunewald oder Blankenese. Mit der ersten Mannschaft aber trotzdem nur in der Kreisliga C zu spielen, die in Bielefeld die unterste Liga ist, spricht nicht gerade für den Stadtteil. Gegen die alten Männer des FC Türk Sport schaffen die Jungspunde aber einen 2:0-Auswärtssieg. Der Hingucker ist jedoch natürlich ganz klar der Sportplatz an sich und man muss sich ernsthaft fragen, wie man so etwas auf die Menschheit loslassen kann. Da es in der Nacht geregnet hatte, sieht das Spielfeld gleich doppelt erbärmlich aus, weil auf diesem Belag natürlich nichts abfließen kann. Drainagen hat man selbstverständlich nicht eingebaut. Der FC Türk Sport trägt sein Übriges bei, indem er die Anlage ziemlich verwahrlosen lässt. Man sieht die Unzufriedenheit über diesen Standort an so ziemlich jeder Ecke. Dass nicht einmal Eckfahnen aufgestellt werden, rundet das traurige Bild perfekt ab.