Sonntag, 24. November 2019, 16.15 Uhr
Berlin, Sportplatz Wrangelstraße
Wir bleiben in Berlin-Kreuzberg und tauchen ab in den Wrangelkiez, der genau so ist, wie man sich Kreuzberg vorstellt. Ausländeranteil: 65 Prozent. Vor der Wende war das überschaubare, unmittelbar an den Görlitzer Park grenzende Viertel an gleich zwei Seiten von der Mauer umgeben. Das letzte Ende Westdeutschlands. Eine unattraktive Wohnlage, die für eine spezielle Bevölkerungsstruktur sorgte. Heute befindet sich der Wrangelkiez im Umbruch – weg vom alternativen Touch hin zum Szeneviertel. Besoffene Punks liegen nicht mehr auf dem Bürgersteig, dafür stehen dort nun Werbeschilder für vegane Milchshakes. Viel vom alten Wrangelkiez kann man noch auf dem Sportplatz der Freien Sport-Vereinigung Hansa entdecken, die im Volksmund „Wrangelritze“ genannt wird. Eingepfercht zwischen Altbau, viel Graffiti, direkt vor dem Eingang scheppert auf oberirdischen Stahlstelzen die Berliner U-Bahn vorbei. Es hat fast schon etwas von New York. Als Verein des Viertels veränderte auch die Hansa mit der Zeit ihren Charakter und wurde zu einem alternativ angehauchten, stark antirassistischen Verein. Eine aktive Fanszene gibt es zwar nicht, dennoch verdeutlichen Plakate und Aufkleber die Haltung des Vereins. Wohl eher augenzwinkernd ist der auf eine dem Spielfeld zugewandte Hauswand gesprühte „Hansa Hools“-Schriftzug gemeint. Faszinierend ist auch, wo sich hier eigentlich die Umkleidekabinen und der in Berlin wirklich obligatorische Sportplatz-Kiosk befinden – nämlich im Keller des angrenzenden Oberstufenzentrums. Der Backsteinbau aus dem 19. Jahrhundert ist Berlins größte Schule (4.700 Schüler) und hatte freundlicherweise noch ein Plätzchen für den Verein frei. Das Gewölbe könnte ein Fall für den Berliner Unterweltenverein sein, womit die Hauptstadt-Tour thematisch genau so endet wie sie am Freitag angefangen hatte.