Mittwoch, 1. Mai 2019, 17 Uhr
Vaduz, Rheinparkstadion
Leider spielt der Spielplan nicht so recht mit, um am späten Nachmittag noch ein drittes Spiel konsumieren zu können. Irgendwelche Bleifuß-Experimente mit Bayern, wo man wahrscheinlich eh erst zur 30. Spielminute ankommen würde, kommen nicht infrage, also geht‘s zum Liechtensteiner Pokalfinale. Das Rheinparkstadion ist zwar ein alter Hut, aber das ist ja dann doch ein Spiel, das man sich ruhig mal anschauen kann. Für viele Hopper, die Verbands- statt Länderpunkte sammeln, ist der Liechtensteiner Pokal die einzige Möglichkeit, das Land mit Vereinsfußball abzuhaken, da die Vereine aus dem Fürstentum ansonsten dem Schweizer Ligabetrieb angeschlossen sind. So ist dann auch die abnormal hohe Zahl an Hoppern aus wirklich allen Teilen Deutschlands zu erklären. Bei mir kommt stellenweise der Gedanke auf, dieser Wettbewerb wurde einzig und allein erfunden, um deutsche Hopper glücklich zu machen – denn die Liechtensteiner interessieren sich nicht wirklich dafür. Gerade einmal 1.122 Zuschauer kommen in den Rheinpark, in dem wegen dem geringen Interesse drei der vier Tribünen gänzlich geschlossen bleiben. Die kleine Fanszene von Vaduz bleibt geradezu demonstrativ die gesamte Spielzeit am Bierstand stehen und macht einen durchweg gelangweilten Eindruck. Erst ab der 86. Minute stimmt man ein paar Gesänge an, insbesondere Pöbelgesänge. Wirkt natürlich aus deutscher Sicht ein wenig seltsam, wenn Fans aus einer Stadt mit 5.500 Einwohnern singt: „Wir sind eure Hauptstadt, ihr Buure.“ Aber das muss man halt aus der Liechtensteiner Perspektive betrachten. Zumindest beim Underdog aus Ruggell löst das Pokalfinale Euphorie aus. Laut dem Artikel der einzigen Liechtensteiner Zeitung, die sich ernsthaft „Vaterland“ nennt, sollen 500 Fans aus dem 2.200-Einwohner-Dorf mitgekommen sein. Komplett in Grün gekleidet und mit haufenweise grün-weißen Luftballons ausgestattet. Viel von ihnen habe ich nicht mitbekommen, denn beim Liechtensteiner Pokalfinale herrscht strikte Fantrennung. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Denn im Gegensatz zur Bevölkerung nimmt der Liechtensteiner Fußballverband das Pokalfinale komplett ernst. Hier dreht sogar ein mehrere Mann starker Security-Trupp während des Spiels seine Runden, der unter anderem darauf achtet, dass ja kein Zuschauer zu nah an der Bande steht und sich jeder auf seinen Platz setzt. Darauf angesprochen, dass das hier das Liechtensteiner und nicht das griechische Pokalfinale ist, müssen die Jungs aber selber lachen. Auf dem Rasen kann das 74. Liechtensteiner Pokalfinale dafür voll überzeugen, denn der Underdog aus Ruggell ist nah dran am ersten Pokalgewinn seiner Vereinsgeschichte. Im Gegensatz zur Fanszene nimmt aber auch der FC Vaduz den Wettbewerb sehr ernst, denn er beschert dem Fürstentum schließlich seinen einzigen Europapokalplatz. Übrigens konnte sich der FC Vaduz auch in der Zeit, als er in der obersten Schweizer Liga spielte, nur über den Liechtensteiner Pokal für den Europapokal qualifizieren. Selbst als Schweizer Meister wäre das nicht gegangen, da man sich laut UEFA-Statuten nicht über ein Gastspielrecht in einem anderen Land für Europa qualifizieren kann, sondern nur im eigenen Land. Am Ende behält der FC Vaduz im Finale aber knapp die Oberhand und fährt seinen 47. Pokalsieg ein.