Samstag, 9. März 2019, 21 Uhr
Shah Alam, Stadium Shah Alam
Eine Stunde vor Anpfiff herrscht eine
sehr düstere Atmosphäre vor dem Stadion in Shah Alam. Knapp 70.000
Zuschauer passen in die 1994 eingeweihte Schüssel. Vier Jahre lang war sie das größte Stadion Malaysias, ehe
1998 das neue Bukit-Jalil-Nationalstadion (87.000 Plätze) nebenan in
Kuala Lumpur fertiggestellt wurde. Der Verband von Selangor spielt
eigentlich im Stadion in Shah Alam, was man auch unschwer an den
vielen Plakaten an der Fassade und den Hinweisschildern erkennen kann. Nach einer Entscheidung
des Kronprinzen (Selangor ist ein Sultanat innerhalb Malaysias)
musste der Verband die Hütte jedoch dem Fußballverein des
halb-staatlichen Immobilien-Konzerns PKNS (Perbadanan Kemajuan Negeri
Selangor) überlassen. Dass PKNS selten vor mehr als 500 Zuschauern
spielt, stört den Kronprinzen natürlich nicht. Umso verlorener
kommt man sich auf der riesigen Anlage des Stadions vor, auf dem
wirklich überhaupt nichts los ist. Würde nicht das Flutlicht
brennen und hätte nicht zumindest eines der gefühlt 100
Kassenhäuschen geöffnet, wüsste man nicht, dass hier ein
Fußballspiel stattfindet. Und trotzdem ist es eine ganz besondere
Atmosphäre in dieser völlig leeren, aber riesigen Betonschüssel.
Bis zum Anpfiff läuft keine Musik und kein einziger Werbespot. Man
hört einzig und allein das Treten gegen die Bälle der sich
aufwärmenden Spieler und das Gezwitscher der tropischen Singvögel
unter dem Stadiondach. Wie in Malaysia üblich treten dann bereits
zehn Minuten vor Anpfiff die Mannschaften aufs Spielfeld, denn es
werden immer drei Nationalhymnen in voller Länge abgespielt – die
der Heimmannschaft, die der Gastmannschaft und natürlich die
gesamt-malaysische. Das stammt zwar noch aus der Zeit, als nur die
regionalen Fußballverbände der Liga angehörten, wird aber auch so
gemacht, wenn – wie in diesem Fall – zwei Vereine
aufeinandertreffen. Felda United ist der Verein des halb-staatlichen
Felda-Konzerns, einer der weltweit größten Palmöl-Händler, der
inzwischen aber auch in der Finanzbranche tätig und mit der
Deutschen Bank verbunden ist. So richtig unsympathisch also, auch wenn den Gästen immerhin 20 Ultras gefolgt sind. Trotzdem
ist die Veranstaltung nicht uninteressant, weil alle Bereiche des
Stadions geöffnet sind und der deutsche Fußballtourist somit eine
riesige Spielwiese zur Verfügung gestellt bekommt. Nach Abpfiff
stellt sich dann wieder das Taxi-Problem, aber glücklicherweise
werde ich beim Herumlungern am nächsten Kreisverkehr von einem
vorbeifahrenden Einheimischen erkannt, der auch im Stadion war. Als
Europäer fällt man hier sowieso schnell auf. Der Mann macht einen
30-minütigen Umweg und fährt mich ins Stadtzentrum von Kuala
Lumpur, bekommt dafür aber auch ein paar Ringgit-Scheine in die Hand
gedrückt. Es
geht noch ein bisschen ins Shopping- und Vergnügungsviertel Bukit
Bintang, das jetzt bei Dunkelheit mit der vielen Leuchtreklame
beinahe weltstädtisch wirkt. Deutlich rustikaler geht es nebenan in
der Alor Street zu, in der sich Straßenrestaurant an
Straßenrestaurant reiht. Einfache Läden mit Stühlen und Tischen
aus Plastik. So gar nicht zum muslimischen Malaysia passt dagegen die
Changkat Bukit Bintang, in der die Alor Street mündet. Hier befinden
sich unzählige Massagesalons, in denen auch Prostitution angeboten
wird. Alles in allem also eine sehr kontrastreiche Ecke von Kuala
Lumpur, aber dieses Land ist nun mal auch sehr facettenreich.