Sonntag, 3. März 2019, 10 Uhr
Woerth-sur-Sauer, Stade des Turcos
Einen kompletten Sonntag im Elsass zu
verbringen kommt recht selten vor, denn darauf sind die Spielpläne
in der östlichsten Ecke Frankreichs einfach nicht ausgelegt. Die ersten
Mannschaften spielen fast durchweg um 15 Uhr, während die Spiele
unterhalb der 10. Liga, wo fast nur noch Reservemannschaften
unterwegs sind, um 10 Uhr angepfiffen werden. Das ist also wenig
ergiebig. Durch das Heimspiel des FC
Truchtersheim/Stutzheim/Offenheim um 17.15 Uhr sieht das heute
allerdings etwas anders aus. Zudem öffnen ab März wieder die
Festungen der Maginot-Linie für Touristen, so dass auch die Lücke
zwischen 12 und 15 Uhr sinnvoll gefüllt werden kann. Schnell
ausfindig gemacht ist auch eine der wenigen ersten Mannschaften, die
unterhalb der 10. Liga spielen. Die Wahl fällt auf den Red Star
Froeschwiller, der sogar nur in der 17. Liga und damit in der
untersten Liga des Elsasses spielt. Hart. Auf der Fahrt ins
500-Einwohner-Dörfchen Froeschwiller gibt‘s mal wieder eine Menge
am Wegesrand zu sehen. Dutzende Soldatenfriedhöfe und Denkmäler
reihen sich aneinander. Das ist in einer Gegend, in der zwei
Weltkriege gewütet haben, zwar nicht ungewöhnlich, hier in
Froeschwiller und im Nachbarort Woerth ist dafür aber der
Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 verantwortlich. Die Schlacht
bei Woerth vom 6. August 1870 (gleich zu Beginn des Krieges) forderte knapp 20.000 Tote. Ins Auge
stechen besonders die deutschen Siegesdenkmäler, und da es Deutschland
damals noch nicht gab, haben die an der Schlacht beteiligten
deutschen Staaten (Baden, Württemberg, Bayern und Preußen) jeweils
ihre eigenen Denkmäler errichtet. So steht noch heute mitten in
Woerth ein großes Siegesdenkmal von Bayern, vor dem der bayrische Löwe
vor der Innschrift „Bayern seinen gefallen Söhnen“ sitzt. Das ist insofern beeindruckend, weil
der französische Staat im Elsass sowohl nach dem Ersten als auch
Zweiten Weltkrieg mit harter Hand gegen alles Deutschsprachige
vorging, um zu verdeutlichen, dass das eigentlich deutschsprachige
Elsass ein Teil Frankreichs ist. So musste sich 1919 ja auch der FC
Neudorf in Racing Strasbourg umbenennen. Am anderen Ende der
Liga-Pyramide hat man heute Morgen derweil ganz andere Probleme. Um
9.40 Uhr – 20 Minuten vor dem geplanten Anpfiff – parken nur zwei
Autos vor dem kleinen Vereinsheim, womit schon klar ist, dass es mal
wieder nicht mit rechten Dingen zugeht. Wie sich herausstellt, wurde
die Partie kurzfristig abgesagt, weil kein Schiedsrichter zur
Verfügung steht. Es ist die 17. Liga und wenn Personalmangel
herrscht, dann bekommt halt die 16. Liga den Vorzug, selbst wenn dort
nur eine vierte Mannschaft kickt. Kaum aus meinem Auto ausgestiegen,
schauen schon zwei Einheimische skeptisch ums Eck und schauen völlig
perplex auf das deutsche Kennzeichen. Wie gesagt: 17. Liga. Was ich
hier zu suchen habe, werde ich gefragt, und in solchen Momenten kommt
man ja gar nicht drumherum, die Wahrheit zu sagen und mal kurz
anzureißen, was Groundhopping ist. Die beiden Elsässer blicken
sofort, was Sache ist, und plötzlich verwandeln sich die
misstrauischen Blicke in ein Lächeln. Haben wir uns bis dato auf
Französisch unterhalten, wird mir nun im feinsten Elsässer-Deutsch
mitgeteilt: „Also willsch oifach bloß a Spiel schaue? 10 Uhr, Woerth
gege Weißeburg, do fohre mir jetzt au hi.“ Der Fall ist damit
klar, es geht hinüber nach Woerth ins Stade des Turcos. Dort
duellieren sich zwar nur die zweiten Mannschaften, aber etwas anderes
ist jetzt sowieso nicht mehr machbar. Während die zweiköpfige
Abordnung aus Froeschwiller sofort ins verstaubte
Vereinsheim eincheckt und sich kräftig einen hinter die Binde
gießt, geht‘s für mich natürlich auf Entdeckungstour durchs
Stade des Turcos. An und für sich gibt es nicht viel zu sehen, durch
den maroden Zustand und die zentrale Lage wirkt die Anlage aber doch
ganz nett. Eine zweite Stankett-Reihe verrät zudem, dass das
Spielfeld mal versetzt wurde. Mein Pech an diesem Wochenende hält
nach dem Spiel hingegen weiter an, denn mit der neuen Saison haben
sich auch die Öffnungszeiten der Maginot-Linie geändert. Das Fort
de Schoenenburg, das nur 15 Autominuten von Woerth entfernt liegt,
macht jetzt neuerdings von 11 bis 14 Uhr Mittagspause, womit das Fort in der für mich infrage kommenden Zeit nur von außen besichtigt und die
Sache somit relativ schnell geknickt werden kann. Dann geht‘s halt jetzt schon nach
Strasbourg.