Sonntag, 16. September 2018, 15.30 Uhr
Klingnau, Sportplatz Grie
Zum Abschluss der Pokal-Tour wartet das
heimliche Highlight, denn der FC Chiasso ist so etwas wie mein
Lieblingsverein in der Schweiz. Chiasso ist der südlichste Ort des
Landes, grenzt direkt an das italienische Como und wirkt einfach noch
mal ein Stück italienischer als das restliche Tessin. Das gilt auch
für die kleine Ultras-Szene, die dem Vizemeister von 1951 folgt und heute die gut dreistündige Fahrt in das
3.500-Einwohner-Städtchen Klingnau nahe der deutschen Grenze antritt – für
Schweizer Verhältnisse eine halbe Weltreise. Der FC Klingnau ist
einer von zwei Sechstligisten, der den Sprung in die zweite
Pokalrunde geschafft haben, profitierte dabei aber auch vom Losglück.
Denn durch die geringe Anzahl an Erst- und Zweitligisten in der
Schweiz kommt es in der ersten Pokalrunde vor, als
unterklassiger Verein einen ebenfalls unterklassigen Verein zugelost
zu bekommen. So zog der FC Klingnau den Sechstligisten FC Bramois,
der kurzerhand mit 7:0 vom Platz gefegt wurde. Gehofft hatte man in
der zweiten Runde natürlich auf einen guten Erstligisten, zog aber
mit dem FC Chiasso einen – wenn man den Italo-Faktor einmal
weglässt – schlechten Zweitligisten. Im Gegensatz zur Romandie
zieht in der Deutschschweiz aber auch solch ein Pokalgegener, was man
schon in der kleinen, ovalförmig angelegten Altstadt zu spüren
bekommt, in der es wirklich nur ein Thema gibt. Während in den
Kneipen bereits die Vorbereitungen für die Partys nach dem Spiel
laufen, feiert der Sportplatz Grie schon jetzt – nämlich einen
neuen Zuschauerrekord: 800 Zahlende können auf dem mit kleinen,
mobilien Tribünchen aufgemotzten Sportplatz begrüßt werden. Die GACS
Chiasso (Gruppo Amici Curva Sud) ist mit 15 Leuten anwesend und
bringt wie erwartet akustisch und optisch ein Stück Italien mit in
den hohen Norden. Sogar für 120 statt nur 90 Minuten, denn der FC
Klingnau kann überraschend gut Paroli bieten. Ein Mysterium ist
dessen 2016 gegründete Nordkurve: Angeführt von einem
Über-20-Jährigen machen ein paar Kinder hinter einer eigenen
Werbebande auf Ultras, bei denen man nun wirklich nicht weiß, ob man
lachen oder weinen soll. Ein Glück, dass zumindest meine ganze Aufmerksamkeit
sowieso Chiasso bekommt.