Mittwoch, 7. August 2019, 18.30 Uhr
Pforzheim, Sportplatz Würm
Der Amateurfußball in Baden-Württemberg ist seit diesem Sommer um eine weitere Provinzposse reicher. Hauptakteur: die Stadtverwaltung in Mühlacker. Der FV Hellas Mühlacker nahm seit 2012 nicht mehr am Spielbetrieb teil, hatte sich aber nie aufgelöst. In einer griechischen Taverne fanden zuletzt ein paar Enthusiasten zusammen und beschlossen, dem Verein wieder Leben einzuhauchen. Am wenigsten Gedanken machten sich die Hellenen dabei über ihre Spielstätte, denn sie nahmen an, einfach wie früher wieder auf dem Enztalsportplatz kicken zu können. Damals wie heute spielt dort auch der Türkische SV Mühlacker, mit dem man sich gut versteht, also kein Problem. Doch ein Problem, denn der Platz verfügt über keinerlei Infrastruktur. Umkleidekabinen und Toiletten befinden sich in einer gut 1 Kilometer entfernten Sporthalle. Das ist an sich schon grenzwertig, aber die Stadt Mühlacker weigert sich, den Vereinen einen Schlüssel zu überlassen. Da sich der Enztalsportplatz in einem Wasserschutzgebiet befindet, kann sich an der dortigen Situation auch nichts ändern. Glück hatte der Türkische SV Mühlacker, der sich beim benachbarten Tennisverein einquartieren könnte, doch für die Griechen ist kein Platz mehr. Einen anderen Sportplatz stellt die Stadt dem Verein nicht zur Verfügung, da sich die dortigen Platzhirsche weigern würden, den FV Hellas aufzunehmen. Unfassbarerweise nimmt die Stadtverwaltung auf solche Animositäten Rücksicht. Der Traum von der Rückkehr in den Spielbetrieb schien damit geplatzt, ehe ein bei der Stadt Pforzheim arbeitender Grieche die Lösung parat hatte: der Sportplatz im Pforzheimer Stadtteil Würm. Dort ist eigentlich der FC Phönix Würm beheimatet, doch der nimmt ebenfalls seit Jahren nicht mehr am Spielbetrieb teil. Der Platz steht also leer. Einziges Manko: Mühlacker und Würm trennen 20 Kilometer. Der FV Hellas zog die Option dennoch, auch wenn dadurch Spieler den Kader wieder verließen, weil ihnen die Fahrerei zu viel sei. Was ein absolutes Armutszeugnis für die Stadt Mühlacker ist, löst unter den Hoppern in der Region hingegen einen kleinen Luftsprung aus. Wie lange das Gastspiel in Würm dauert, steht in den Sternen, und da der FV Hellas weiter nach einer Lösung in Mühlacker sucht, ist Eile geboten. Es wird also gleich das allererste Pflichtspiel mitgenommen, was in dem Fall die Qualirunde für den Pforzheimer Kreispokal ist. Vieles ist noch provisorisch, was vor allem für den Bierstand gilt, das Tornetz geht mehrfach kaputt und auf den Eckfahnen flattert noch das Wappen des SV Hohenwart, der hier zuletzt in einer Spielgemeinschaft mit Phönix Würm den Platz genutzt hatte. Dennoch umgibt ein sonderbarer Non-League-Zauber diesen schönen Ground, was durch den aufziehenden Nebel verstärkt wird.