Samstag, 31. August 2019, 14.15 Uhr
Berlin, Stadion Westend
Spätis und geile Fußballkultur – Berlin ist meine absolute Lieblingsstadt in Deutschland! Es wird also mal wieder ein Wochenende in der Hauptstadt verbracht, wofür ja gerade der Sommer die beste Zeit ist. Gewohnt gemächlich geht es im Berliner Fußball am Samstag zu, an dem tatsächlich nur ein einziges Spiel für uns herausspringt. Und das nicht unbedingt bei einem Sympathieträger. Hinter Berlin United steckt eigentlich der Club Italia Berlino, der bereits 1980 von Berliner Italienern gegründet wurde. War früher wohl mal ein ganz lässiger Verein, bei dem es eine sagenumwobene Pizza gegeben haben soll. Von ihm sind im Stadion Westend nur noch wenige Spuren zu finden, denn er wurde vor wenigen Jahren von dem Unternehmer Stefan Teichmann (Immobilienbranche) übernommen. Sein Ziel: Den Verein innerhalb von 20 Jahren in die Champions League führen – und das ist tatsächlich ernst gemeint. 2016 verpflichtete der Club Italia den 1990-Weltmeister Thomas „Icke“ Häßler als Trainer und stieg innerhalb von drei Jahren von der Bezirks- in die Berlinliga auf. Teichmanns Philosophie (nachzulesen in diesem Artikel des Tagesspiegels): Die Berliner Fußballvereine beschränken sich zu sehr auf ihren Stadtteil oder ihre ethnische Herkunft. „Das ist mir alles zu örtlich“, sagt Teichmann. Vergangenes Jahr nannte sich der Verein daher bereits in Club Italia Berlin United um, ehe er nun den italienischen Zusatz komplett strich und nur noch ganz schlicht Berlin United heißt. Das Vereinswappen bilden der Berliner Bär und der brandenburgische Adler. Man schickt sich also an, gleich zwei Bundesländer zu vertreten. Das Problem: Die Berliner juckt das überhaupt nicht, die Brandenburger erst recht nicht. Berlin United spielt vor einer nur zweistelligen Zuschauerkulisse. Mag vielleicht auch damit zu tun haben, dass der Verein – wie einst auch der Club Italia – im etwas abschüssigen Stadion Westend im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf spielt. Es befindet sich in einem Areal mit mehreren Sportanlagen und ist von denen das abgelegenste. Parkplätze und Bushaltestelle sind ein ganzes Stück entfernt, eine Hinweistafel am Eingang des Areals weist die Besucher darauf hin, wie viele Gehminuten es zu den jeweiligen Plätzen sind. In diesem Falle sind es acht. Ein ziemlich dämlicher Standort für einen Verein, der sich ja nirgendwo verankern und ins Zentrum der Stadt rücken will. Gegen Al-Dersimspor – auch nicht gerade ein Zuschauermagnet – sind es heute nur 40 Zuschauer, darunter etwa 15 Dortmunder, die vor dem Spielen ihres BVB am Abend bei Union Berlin diesen Ground noch mitnehmen. Trotz der mageren Kulisse zeigt sich Berlin United beim Eintritt ganz innovativ, denn statt Karten gibt es Festivalarmbänder, die man sich tatsächlich auch umbinden muss. Der Verein hat die eigenen Jugendspieler angespitzt, ihre Runden durch das Stadion zu drehen und das zu kontrollieren. Wie gesagt: ein sehr sympathischer Verein! Leider zeigt sich, dass die Berlinliga sportlich wirklich nicht das Ende der Fahnenstange ist und Berlin United der direkte Durchmarsch in die Oberliga durchaus gelingen könnte. Der 6:0-Sieg gegen Al-Dersimspor ist auf jeden Fall eindrucksvoll.