Sonntag, 22. April 2018, 18 Uhr
Sharjah, Khalid bin Mohammed Stadium
Der gestrige Tag 2 in den VAE war ein
richtiger Flop, denn das anvisierte Heimspiel von Al Nasr (einer der
aktuell drei Erstligisten aus Dubai) fand ohne uns statt. Was war
passiert? Dummerweise erst 20 Minuten vor Anpfiff das Al Maktoum
Stadium von Al Nasr angesteuert und dort bis auf einen Jugendtrainer
der Basketball-Abteilung niemanden angetroffen. Klassiker. Freundlich
und fremdsprachenaffin, wie die Emiratis sind, schreibt der Mann mir
den Namen von dem Stadion auf, in dem das Spiel tatsächlich
stattfindet, denn an der Hütte von Al Nasr wird gerade
geschraubt. Einfach dem Taxifahrer zeigen, der findet das dann schon
– meint der Jugendtrainer. Da hatte der gute Mann aber reichlich
Vertrauen in die Taxifahrer, die hier in Dubai in der Regel Inder und
meist leicht verpeilt sind. Der erste angehaltene Taxifahrer kann
dann mit dem Stadionnamen nichts anfangen, der zweite auch nicht, der
dritte fährt einfach mal los, obwohl ich ihn zweimal gefragt habe,
ob er das Stadion wirklich kenne. Kennt er natürlich nicht und die
Fahrt ist beendet. Hat wieder zehn Minuten gekostet. Als uns der
vierte Taxifahrer zu einem falschen Stadion bringt, wird die
Operation abgebrochen. Es wäre jetzt eh so langsam schon
Halbzeitpause. An Tag 3 wird damit die Reserve-Liga, die ursprünglich
nur ein Kann war, zu einem Muss, um nicht schon wieder einen
fußballlosen Tag zu haben. Es geht damit ins Nachbar-Emirat Sharjah,
dem ein unangenehmer Ruf vorauseilt. Wie schon im vorhergien Bericht
angesprochen, gibt es doch einige Unterschiede zwischen den sieben
Emiraten. Dubai und Abu Dhabi sind die beiden glitzernden
Super-Emirate (alleine in Dubai soll es 80.000 Dollar-Millionäre geben –
bei insgesamt 3 Millionen Einwohnern), Ajman ist mangels Öl- und
Gasvorkommen das ärmste Emirat und Sharjah wiederum das
konservativste. In Online-Reiseführern liest man teilweise richtige
Horrorgeschichten über Sharjah. Dort würde die Sharia gelten und es
soll eine Art Religionspolizei unterwegs sein, die prüft, ob Frauen
nicht zu viel Haut zeigen. Tatsächlich gibt es in Sharjah zwar schon
offizielle Kleidervorschriften, aber wie strikt die überprüft wird,
steht auf einem ganz anderen Blatt Papier. Das Erste, was ich bei der
Ankunft am zentralen Al-Jubail-Busbahnhof von Sharjah gesehen habe, war
jedenfalls eine Frau mit einem derart kurzen Minirock, wie ich
ihn selbst in Dubai nicht gesehen habe – und viele weitere sollten
in den nächsten Stunden folgen. Man kann festhalten: Die VAE sind
ein sehr tolerantes Land, Sharjah eingeschlossen. Und dennoch
merkt man, dass man hier nicht mehr in Dubai ist. Zwar besitzt auch die
Downtown von Sharjah eine imposante Skyline, aber es ist alles noch
einmal zehn Nummern kleiner als beim großen Nachbarn. Mit dem ist
Sharjah mittlerweile städtebaulich verwachsen, was vor allem mit den
hohen Mieten in Dubai zu tun hat. Immer mehr Migranten ziehen daher rüber
nach Sharjah. Man schätzt aktuell, dass 50 Prozent der Einwohner von
Sharjah ihr Geld in Dubai verdienen – Tendenz stark steigend. Vor
allem an der Grenze zu Dubai sind daher riesige Wohnblöcke für
Pendler aus dem Sand gestampft worden, zahlreiche weitere befinden sich im Bau. Entsprechend gut sind die Busverbindungen
zwischen beiden Städten. Kurios ist, dass die Mega-City Dubai so
ziemlich alles hat, außer einen zentralen Busbahnhof. Die Fernbusse
fahren daher an verschiedenen Plätzen von Dubai ab. Wer nach Sharjah will, der
nimmt am besten den Bus ab dem Union Square. Der ist gut zu
erreichen, weil sich dort beide Metro-Linien treffen, und außerdem
ist der dortige Busbahnhof der nördlichste und somit am nächsten an
Sharjah gelegene. Das ist deshalb so wichtig, weil der Verkehr in
Dubai absolute Hölle ist – trotz siebenspuriger Straßen. Ab dem
Union Square braucht der Bus etwa eine Stunde bis zum Busbahnhof von
Sharjah. Es sind übrigens nur 17 km. Die einfache Fahrt kostet
umgerechnet etwa fünf Euro, gezahlt werden muss mit der Dubai Metro
Card. Die sollte man sich aber sowieso zulegen, wenn man in Dubai unterwegs ist. In Sharjah schlagen wir die Zeit bis zum Spiel im neben dem
Busbahnhof gelegenen Zentral-Souk tot, der zwar sehr schön aussieht,
aber nur den üblichen Touri-Klimbim bietet. Zum Khalid bin Mohammed
Stadium geht’s dann per Taxi, denn das Bussystem in Sharjah ist
(noch) sehr bescheiden. Taxi fahren ist in den VAE aber sowieso
super-günstig. Meine letzte Sorge, dass meine Freundin im angeblich
so strengen Sharjah vielleicht nicht mit ins Stadion darf, erweist
sich dann als unbegründet. Alles total entspannt. Unser Taxi wird sogar
vom Pförtner aufs Stadiongelände gelassen, so dass wir direkt vor
dem Treppenaufgang zur Tribüne aussteigen können. Selbst mit der
Kamera hat niemand ein Problem. Ganz ungestört können wir somit den
Prunk genießen, der einem hier wieder geboten wird. Riesiges Areal
mit vereinseigener Moschee ist ja eigentlich schon normal, aber dass der
Verein auch eigene Krankenwagen besitzt, auf denen das Wappen
und der Vereinsname abgebildet sind, ist eine neue Stufe. Bei freiem
Eintritt sind etwa 150 Zuschauer gekommen, viel mehr sind es bei
einem normalen Spiel der ersten Mannschaft aber auch nicht.
Eigentlich ist es in den VAE wohl egal, ob man die 1. Liga oder nur
die Reserve-Liga anschaut – die Stadien sind im Normalfall eh immer
leer. Beim Sharjah FC sollte man allerdings unbedingt mal bei der
Reserve vorbeischauen, denn sie spielt im Khalid bin Mohammed
Stadium, während die erste Mannschaft ihre Heimspiele mehrheitlich
im größeren Al Sharjah Stadium austrägt. Nach dem Spiel haben wir
es nicht ganz so eilig, nach Dubai zurückzufahren, und schlendern
noch ein wenig durch das Zentrum von Sharjah. Im Gegensatz zu Dubai
wird man hier von fast jedem Ladenbesitzer angesprochen, natürlich
in erster Linie, damit man etwas kauft, einige fragen aber auch nur
interessiert, wo man herkomme und wie einem Sharjah so gefalle. Da
auch das Preisniveau in Sharjah etwas niedriger ist als in Dubai und
die Küche als ein Stück originaler gilt, lassen wir uns in einem
der Straßenrestaurants nieder, wo wir für zwei Hauptgerichte und
mehrere Getränke weniger als 10 Euro liegen lassen. Da ist Döner
essen in Deutschland teurer. In Ecken wie diesen merkt man ganz
deutlich: Die VAE können ganz anders sein als ihr Ruf – wenn man
sich ein wenig abseits der gängigen Pfade bewegt. Aber das ist ja immer so...