FC Victoria Rosport – Racing FC Union Luxembourg 1:2

Luxemburg, Division d'honneur (1. Liga)
Samstag, 27. März 2021, 16 Uhr
Rosport, Terrain um camping 

Der erste Doppler seit 147 Tagen, das erste Spiel im Ausland seit 167 Tagen – heute wird es fast schon historisch! Während ein Doppler an einem Samstag bis vor gut einem Jahr noch das Normalste auf der Welt war, ist er derzeit zumindest in Europa wohl nur in Luxemburg möglich und auch dort nur unter Einbeziehung von Frauenfußball. Doch auch im Großherzogtum werden die Bedingungen für den Fußballreisenden schwieriger. Galt es vor wenigen Wochen regelrecht als Eldorado, weil Zuschauerbeschränkungen auf den Quasi-Sportplätzen nur schwer durchzusetzen waren (oder einfach nicht durchgesetzt wurden), hat sich die laxe Vorgehensweise unter den deutschen Hoppern schnell herumgesprochen und Goldgräberstimmung ausgelöst. Die Horden von fußballsüchtigen Teutonen, die seitdem Wochenende für Wochenende in Luxemburg einfallen, haben allerdings in unserem sonst so friedlich-freundlichen Nachbarland zu einem radikalen Umdenken geführt und eine fast schon anti-deutsche Grundstimmung ausgelöst. Selbst luxemburgische Medien berichten über die „unverschämten Deutschen“, die über Barrieren klettern, nur um Spiele sehen zu können. In irgendeiner Form auf eine Einladung für ein Spiel zu hoffen, ist praktisch unmöglich, da alle Anfragen von den Vereinen rigoros abgelehnt werden: Derzeit bitte keine Deutschen. Versuchen wir es trotzdem, auch wenn von Anfang an klar ist, dass das unter all diesen Umständen nicht das ist, was man eigentlich haben will und was einen sonst Wochenende für Wochenende in seinen Bann zieht. Auch in diesem Fall gilt daher: Ein vernünftiges Rahmenprogramm muss her, das in diesem Fall aus einer ausgedehnten Sightseeing-Tour durch Trier besteht, wohin es bereits in einem Waggon der luxemburgischen Bahn geht. Von der (wahrscheinlich) ältesten Stadt Deutschlands hatte ich bislang außer dem Moselstadion noch nichts gesehen und bin wirklich positiv überrascht. War mir aber schon vorher klar, dass die Stadt aus touristischer Sicht kein völliges Brachland ist. Da in Rheinland-Pfalz inzwischen auch Außengastronomie theoretisch wieder erlaubt ist, besteht sogar die kleine Hoffnung, heute nicht nur den Fußball-, sondern auch den Kneipen-Durst stillen zu können, aber dafür ist es offensichtlich noch zu kalt. Einen geöffneten Biergarten oder ähnliches kann ich nicht entdecken. Vom Trierer Bahnhof geht es dann mit dem Linienbus weiter nach Ralingen. Der kleine Grenzort (keine 500 Einwohner) ist mit dem auf der anderen Seite des Grenzflusses Sauer liegenden Rosport (800 Einwohner), zu dem es jahrhundertelang gehörte, beinahe verwachsen. Daraus ergibt sich die in Europa vielleicht einmalige Situation, dass der Sportplatz in Ralingen grenzübergreifend genutzt wird. Auf ihm spielen nämlich nicht nur die Jugendmannschaften des deutschen FSV Ralingen (die Herren sind inzwischen in der SG Sauertal aufgegangen und spielen im deutschen Nachbarort Godendorf), sondern auch die Frauen des luxemburgischen FC Victoria Rosport. Dass heute bei den Herren um 16 Uhr in Luxemburg und bei den Damen um 19 Uhr nur 1.000 Meter entfernt in Deutschland angepfiffen wird, ist schon eine wirklich kuriose Situation, die aber für Hopper wie gemacht ist. Auch wenn der ÖPNV in ganz Luxemburg mittlerweile kostenlos ist, fährt man von Deutschland kommend am besten zunächst nach Ralingen und geht dann zu Fuß über die Grenze, die auch jetzt in Corona-Zeiten unbesetzt ist. Das Terrain um camping des FC Victoria Rosport liegt nur ein paar Schritte vom Grenzübergang entfernt, direkt an der Sauer und – wie der Name schon sagt – direkt an einem Campingplatz. In normalen Zeiten dürfte ein Heimspiel bei der Victoria recht interessant sein, denn hier geht es doch deutlich deutscher zu als bei anderen luxemburgischen Vereinen. Das war aber eigentlich schon vorher klar, denn auch die Vereinshomepage wird auf Deutsch geführt. Leider bekommt man unter diesen Umständen nicht mit, wie man hier tickt, denn bis auf ein paar Offizielle und geladene Fans ist niemand im Stadion. Hinzu kommen etwa 50 Zaungäste (darunter einige Deutsche), wobei man sich da schon fragen muss, warum man die nicht einfach reinlässt und die sich schön im Stadion verteilen anstatt sich hinter dem Zaun zu knubbeln. Aus pandemischer Sicht macht dieser Law-and-Order-Scheiß auf jeden Fall keinen Sinn. Auch seltsam, dass man einerseits so streng ist, sich aber andererseits die wenigen geladenen Fans Bier und Wein ohne Ende reinknallen, sie permanent die Maske unter der Nase tragen und durch die Gegend torkeln. Da weiß sich die absolute Mehrzahl der deutschen Hopper vor und hinter dem Zaun deutlich besser und vorsichtiger zu benehmen. Sportlich ist es das Spiel einigermaßen interessant, zumal der Hauptstadtclub zu Gast ist. Der Underdog aus der Provinz, der es in seiner Vereinsgeschichte immerhin auf eine UI-Cup-Teilnahme (gegen IFK Göteborg) gebracht hat, ist doch jedoch weitgehend chancenlos. Interessant ist aufgrund der Grenzlage zudem, dass man von der kleinen Haupttribüne aus direkt auf Deutschland und die dortigen gelben Verkehrsschilder schaut. Da auch manch eine Werbebande auf ein deutsches Unternehmen verweist, fühlt man sich hier nicht unbedingt wie im Ausland.