VfK Blau-Weiß Leipzig – Roter Stern Leipzig 2:2

Deutschland, Landesklasse Sachsen – Staffel Nord (7. Liga)
Samstag, 17. Juni 2017, 15 Uhr
Leipzig, Stadion der Freundschaft

Während in Baden-Württemberg die Playoffs schon zu weiten Teilen durch sind, steckt Sachsen noch in der regulären Saison. Wie gut, dass sich dieser Tage auch abgesehen vom Fußball die Fahrt in den Osten lohnt, etwa wegen dem Dresdner Straßenfestival Bunte Republik Neustadt. Neben der lockeren Atmosphäre bis tief in die Nacht hinein ist die BRN eine gute Gelegenheit, einmal in die (tatsächlich existierende) multikulturelle Welt Dresdens einzutauchen, vor allem die der Kubaner und Vietnamesen. Fantastisch, wenn weit nach Mitternacht Dutzende Kubaner mit Mojito in der Hand mitten auf der Straße Rumba tanzen. Ohne Fußball geht’s aber natürlich nicht und somit mit dem Sachsen-Ticket zum VfK Blau-Weiß Leipzig, der im südwestlichen Stadtteil Kleinzschocher beheimatet ist. Passend, dass auch in Kleinzschocher an diesem Wochenende sein Straßenfest feiert. Längst nicht so groß wie in der Dresdner Neustadt, knüpft aber nahlos an die bei der BRN gewonnene gute Laune an. Umso besser, dass auch das Stadion der Freundschaft die Gemüter erfreut. Wie man am Namen schon hört ein Kasten aus DDR-Zeiten, der mit vergilbten Sitzschalen und einer Sprecherkabine Marke Wachturm punkten kann. Gesagt werden muss, dass die Geschichte des 1911 gegründeten und auf die Tradition des Turnvereins von 1892 zurückgreifenden Verein für Körperkultur weit vor der DDR beginnt. Dennoch spielten die Blau-Weißen, die sich in der DDR in BSG Motor Südwest Leipzig umbenennen mussten, sportlich nie eine besondere Rolle. In der DDR reichte es nicht einmal zur Drittklassigkeit. Eine deutlich kürzere, aber dafür auch deutlich auffälligere Vereinsgeschichte hat der erst 1999 gegründete Rote Stern aus Leipzigs antifaschistischem Stadtteil Connewitz vorzuweisen. RSL definitiert sich selbst als „kultur-politisches Sportprojekt im Spannungsfeld zwischen normalem Fußballverein und linksradikaler Politik“ und stößt damit vor allem dann auf Widerstand, wenn bei Auswärtsspielen die Leipziger Stadtgrenze überquert wird und es hinaus in die sächsische Provinz geht. Dann kommt es auch schon mal zu Auseinandersetzungen und Spielabbrüchen. Auf der anderen Seite muss man aber auch betonen, dass der Rote Stern mittlerweile mehr als 1.000 Mitglieder hat und er ganze 16 Sportarten anbietet. Man kann da also von keinem Protest-Projekt sprechen. Da inzwischen viele Hände gebraucht werden, um den Verein am Leben zu erhalten, lassen viele das heutige, sportlich bereits belanglose letzte Saisonspiel ausfallen und sind anderswo in der Vereinsarbeit aktiv, so dass es nur überschaubare 40 bis 50 Leute sind, die im Stadion der Freundschaft aufschlagen – darunter auch ein paar Freunde von TeBe Berlin. Sonderlich ernst nimmt den Kick niemand mehr, weshalb es auch kaum Support gibt und man in teilweise bizarren Kostümen lieber das Gespräch mit dem Nebenmann sucht. Dennoch werden zwei Spruchbänder gezeigt: „Hier ist nicht der dunkle Osten“ (in Anspielung auf das überzogene Anti-Bild, das viele ostdeutsche Kurven von sich selber zeichnen) und eine Gratulation an die BSG Chemie Leipzig zum Aufstieg in die Regionalliga. Faustdicke Überraschung ist, dass im Stadion der Freundschaft am einfachen Getränkestand Veneziano ausgeschenkt wird, auch wenn es sowohl bei der Rechtschreibung („Spizz“) als auch bei der Zubereitung (es wird einfach ein Schnapsglas voll Aperol in einen Becher Sekt gekippt) komplett hapert.