BSG Stahl Riesa – VfL Hohenstein-Ernstthal 3:3

Deutschland, Sachsenliga (6. Liga)
Sonntag, 18. Juni 2017, 15 Uhr
Riesa, Stadion am Merzdorfer Park

Alter DDR-Witz: „In Riesa ist ein Güterzug abgebrannt. Alle Waggons standen in Flammen – außer der mit den Streichhölzern.“ Na, verstanden? Zu DDR-Zeiten war das zwischen Dresden und Leipzig gelegene Riesa für die Produktion von Stahl, Nudeln und Streichhölzer bekannt. Während das Stahlwerk mit seinen 13.000 Beschäftigten das größte metallurgische Kombinat der DDR und die Teigwarenfabrik der produktivste Nudelhersteller der DDR war, genossen die Riesaer Streichhölzer einen zweifelhaften Ruf. Sie wollten, so sagt man, oft nicht angehen und hätten vermutlich sogar einen Brand überlebt. Die Wende bedeutete daher den Tod für die Fabrik, und auch das Stahlwerk musste ordentlich Federn lassen, wurde inzwischen aber vom italienischen Feralpi-Konzern (der auch hinter dem gleichnamigen Drittligisten aus Salò am Gardasee steckt, siehe hier) aufgekauft. Neben dem Stahlwerk, das in der DDR der Trägerbetrieb für die BSG Stahl Riesa war, die insegesamt 16 Jahre lang erstklassig war, spielt inzwischen auch die Riesaer Nudelfabrik, die 1993 von Alb-Gold aus Trochtelfingen aufgekauft wurde, aber nach wie vor Marktführer in Ostdeutschland ist, eine gewisse Rolle für den Verein. Denn: Das wirklich ansehnliche, weil mit einer doppelstöckigen Tribüne ausgestattete Stadion der Stahlwerker, in dem die BSG Stahl Riesa bis 2003 spielte, ist heute so gar nicht mehr ansehnlich und gilt sogar als nicht mal mehr modernisierbar. Aktuell wird daher über einen Abriss diskutiert. Die BSG Stahl, die sich erst 2012 ihren alten DDR-Namen zurückgab, war ab 2003 zunächst ohne eigene Spielstätte, pachtete dann aber das Stadion am Merzdorfer Park, das direkt neben der Nudelfabrik liegt. Selbige stieg daraufhin als Namenssponsor ein, so dass die Hütte lange Jahre auf den kuriosen Namen „Nudel-Arena“ hörte. Im vergangenen Jahr stieg die Nudelfabrik aus, das Stadion wurde daraufhin in „Stahl-Arena“ umbenannt, soll in den kommenden Tagen aber erneut einen neuen Namen erhalten. Wie der lauten soll, wollen die Verantwortlichen noch nicht sagen, jedenfalls ist das auffällige Schild über dem Stadioneingang an diesem letzten Spieltag der Sachsenliga bereits zur Hälfte abmontiert. Sportlich geht es effektiv um nichts mehr, dennoch lässt sich der kleine Riesaer Stimmungsblock nicht davon abhalten, zum Anpfiff eine kleine Fähnchen-Choreo auf die Beine zu stellen. Auch Support gibt es fast durchweg, wenngleich man deutlich merkt, dass die Riesaer Fanszene eine gewisse Nähe zum Erzgebirge hegt. Es kommt hier wirklich das gesamte Auer Gesangsrepertoire zum Vorschein, textlich natürlich auf die BSG Stahl umgemünzt. Für geteilte Meinung sorgen die aufgehängten Zaunfahnen. Einerseits ist ein sehr schönes Exemplar dabei, das die alte Tribüne des Stadions der Stahlwerker zeigt, andererseits werden hinter dem Tor aber auch gleich zwei HSV-Fahnen aufgehangen. Was soll das? Natürlich hatten viele Ostdeutsche zu DDR-Zeiten auch ihren Westverein, aber das sind doch rein individuelle Meinungen. Wenn da jeder eine Fahne von seinem Lieblingsbundesligisten aufhängt, würde wahrscheinlich nicht einmal im Stadion der Stahlwerker der Platz reichen.