Samstag, 27. Januar 2018, 20.30 Uhr
Tübingen, Paul-Horn-Arena
Irgendwie kommen wir immer dann, wenn
wir in urigen Kneipen sitzen, auf die spontane Idee, zum Basketball
zu gehen. Schon im November war das so (Link), zufälligerweise auch damals
mit Tübinger Beteiligung. Dieses Mal geht’s im Anschluss an das
Testspiel in Pfullingen zu einem Heimspiel in die
Paul-Horn-Arena; dürfte so langsam der zehnte Besuch hier sein. Auch
das Areal ist ja bestens bekannt: Gegenüber vom Halleneingang steht
das sehenswerte Stadion der Fußball-Abteilung des SV 03, hinter der
Halle hat Stadtrivale TSG (aktuell Verbandsliga) sein Domizil. Wohl
nirgendwo in Württemberg kann man so sehr von Derby sprechen wie in
Tübingen. Immer interessanter scheinen derweil die Besuche bei der
Basketball-Abteilung der 03er zu werden, denn in der Szene hat sich
etwas getan. Lange standen die (quasi an einer Hand abzählbaren)
Tübinger Ultras hinter dem Korb, während der alteingesessene
Fanclub Neckar-Tigers auf der Stahlrohrtribüne auf der Geraden
steht. Inzwischen gab es einen Zusammenschluss und die Ultras sind zu
den Neckar-Tigers auf die Stehtribüne gezogen. Man supportet jetzt
gemeinsam, was zwar immer noch nicht für Extase sorgt, weil die
Masse natürlich noch immer fehlt, aber im Vergleich zu früheren Zeiten ist
es wirklich ein großer Fortschritt. 30 bis 40 Leute, die sich dauerhaft am Support beteiligen – das hätte ich früher nicht für möglich gehalten. Die Tübinger Szene entwickelt
sich, auch rund um die Tribüne; zum Beispiel geben die Ultras nun
ein Spieltagsheft heraus, das auch inhaltlich durchaus reif wirkt.
Ein wenig übertrieben wirkt lediglich der Spielbericht vom letzten
Auswärtsspiel in Oldenburg (mit der dortigen Szene pflegt Tübingen
eine Freundschaft), das wie eine Fahrt ins Ausland beschrieben wird.
Natürlich, es gibt gravierende Unterschiede zwischen Süddeutschland und Preußen, aber halt nicht so wie zwischen
Finnland und Algerien. Passend hingegen, dass sich die Tübinger
Ultras mittlerweile klar politisch links positionieren. Etwas anderes
wäre hier auch gar nicht authentisch. Knapp 30.000 der 90.000
Einwohner sind Studenten, die CDU ist in Tübingen nur eine
19-Prozent-Partei, während die Grünen über 30 Prozent schießen
und mit Boris Palmer den Oberbürgermeister stellen. Gäste aus Frankfurt (wohin 1999 die Bundesliga-Lizenz des Rhöndorfer TV transferiert wurde) sind 15 anwesend, was für so einen Retortenclub gar nicht mal so schlecht ist. Die schauen im bloß mit einem Plastikband abgesperrten Gästeblock aber nur stumm das Spiel, das Tübingen wie gewohnt verliert. Ein Glück für die 03er, die seit Jahren die schlechteste Mannschaft der Basketball-Bundesliga sind, dass es keine sportlichen Absteiger gibt – auch wenn das natürlich ein gigantischer Blödsinn ist, der völlig die Lust an der Liga nimmt.