SC Weimar – FC Rot-Weiß Erfurt 0:3

Deutschland, Thüringen-Pokal (Halbfinale)
Ostermontag, 17. April 2017, 14 Uhr
Weimar, Sportpark Lindenberg

Weimar gilt als einer der wenigen Wende-Gewinner und ist zusammen mit Potsdam die einzige ostdeutsche Stadt, die nach der Wiedervereinigung bei der Einwohnerzahl zulegen konnte. Das merkt man schnell, wenn man ein wenig durch die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörende Innenstadt von Weimar flaniert, die einem nicht den Eindruck vermittelt, hier gerade in Ostdeutschland zu stehen. Einen besonderen Ruf hatte Weimar allerdings schon immer. Einst wirkten hier Goethe und Schiller, genauer gesagt am damaligen Weimarer Hoftheater, das heute das offizielle deutsche Nationaltheater ist. Auch die Architektur- und Design-Form des Bauhaus wurde hier in der ehemaligen Hauptstadt Thürigens geboren, woran das Bauhaus-Museum erinnert, das vis-à-vis vom Nationaltheater steht. Besonderen Bekanntheitsgrad erhielt die Stadt 1919, als die politische Elite Deutschlands in den Wirren der November-Revolution das explosive Berlin verließ, um im ruhigeren Weimar für das nun von der Monarchie in eine Republik übergehende Deutschland eine Verfassung auszuarbeiten – und zwar im Nationaltheater, das sozusagen zum ersten Parlament der jungen deutschen Republik wurde. Rückwirkend gab die Stadt ihr ihren Namen, „Weimarer Republik“ nennen die Geschichtsbücher heute das Deutschland zwischen 1919 und 1933. Doch auch nach der Machtergreifung der Nazis blieb Weimar im Fokus. Die NSDAP plante umfangreiche Eingriffe in das Stadtbild und plante in der Hauptstadt Thürigens – wie in vielen anderen wichtigen Städten – den Bau eines riesigen Gauforums, das als Parteizentrale und Aufmarschplatz dienen sollte. Während in den anderen Städten der Zweite Weltkrieg die Realisierung der Pläne zunichte machte, war das Weimarer Gauforum das einzige, das tatsächlich gebaut wurde – und trotz DDR noch heute steht. Für den 40.000 Quadratmeter großen Komplex mitten in der Innenstadt wurde einst ein ganzes Stadtviertel platt gemacht, heute weiß man mit dem nur noch schlicht "Weimarplatz" genannten Areal nicht wirklich etwas anzufangen. Unter anderem ist hier nun ein Einkaufszentrum und ein Kino untergebracht. Wer heute als Fußballfan durch Weimar schlendert, dem fällt aber auch die starke Präsenz von Aufklebern und Graffiti von Carl Zeiss Jena auf. Weimar liegt etwa in der Mitte zwischen Jena und Erfurt, nur jeweils gut 20 Kilometer von beiden Städten entfernt. Zumindest optisch hat Jena hier aber ganz klar Oberwasser. Umso interessanter, dass im Halbfinale des thüringischen Landespokals ausgerechnet der FC Rot-Weiß Erfurt nach Weimar kommt. Während am Vorabend immer wieder kleinere Trupps von Jena-Fans durch die Weimarer Innenstadt ziehen, um nach dem Rechten zu schauen, ist es am Spieltag schon ab den frühen Morgenstunden die Polizei, die auch in den kleinsten Gassen Präsenz zeigt. Nicht ohne Grund, denn der Erfurt-Anhang hat den Theaterplatz zwischen Nationaltheater und Bauhaus-Museum zum Treffpunkt auserkoren. Rund 300 Erfurt-Fans stimmen sich dort mitten in der Weimarer Innenstadt auf das Spiel ein, um dann gemeinsam zum rund drei Kilometer entfernten Sportpark Lindenberg zu laufen. Durch die starke Präsenz der Polizei, die am Stadion sogar einen Wasserwerfer auffährt, kommt es zu keinen Zwischenfällen. Wie man es bei einem Spiel von dieser sportlichen Bedeutung erwarten kann, ist das Stadion sehr gut gefüllt. Den Erfurt-Fans wird neben dem Bereich hinter dem Tor auch noch ein Teil der Gegengerade zur Verfügung gestellt. Bei der Zaunbeflaggung hält man sich trotz des vielen zur Verfügung stehenden Platzes aber zurück: Die sich direkt hinter dem Tor positionierenden Ultras belassen es bei einer schlichten „FC Rot-Weiß Erfurt“-Szenefahne, an der Gegengeraden hängt lediglich die Fahne einer Einzelperson sowie die in diesem Fall nicht uninteressante Fahne der Weimarer Erfurt-Fans. Akustisch werden die Gästefans hin und wieder bei einfachen Schlachtrufen richtig laut, ansonsten bleiben Lautstärke, Mitmachquote und Motivation hinter den Erwartungen zurück. Erwähnenswert ist lediglich, dass bereits in der ersten Halbzeit ein Teil des Zauns niedergerissen wird. Die kleine Anzahl an organisierten Fans des SC Weimar, die zum Spielbeginn eine Mini-Choreo im Form einer kleinen Blockfahne zeigen, fallen ansonsten nicht weiter auf.