Samstag, 8. April 2017, 19 Uhr
Schaffhausen, „Lipo-Park“
Baden-Württembergs Fußball-Touristen
warten schon lange darauf, dass sich in der Schweizer Grenzstadt
Schaffhausen (35.000 Einwohner) etwas in Sachen Stadionbau tut. Schon seit Jahrzehnten
ist klar, dass hier etwas Neues gebaut werden soll. Satte 25 Jahre
lang liefen die Planungen. Der FC Schaffhausen spielte bereits seit 1992 mit
einer Ausnahmegenehmigung im alten Stadion Breite, das den
Anforderungen des Schweizer Fußballverbands hinten und vorne nicht
mehr genügte. Im August 2015 begannen (in der Schweiz versteht es
sich von selbst: erst nach positivem Volksentscheid) die Bauarbeiten
für das 60 Millionen Franken teure Stadion mit 8.000 Sitzplätzen im Stadtteil Herblingen,
in dem vor sechs Wochen das erste Liga-Spiel stattfand – natürlich
das Derby gegen den FC Winterthur. Wenn es allerdings für den FC Schaffhausen
ungünstig läuft, wird die neue Arena prompt zum überdimensionierten
Drittliga-Stadion, denn ihn trennen vor diesem Spiel nur vier Punkte
vom Abstiegsplatz. Beim FC Chiasso sind es gar nur drei Punkte
Vorsprung. Es geht sportlich also um eine Menge beim
Aufeinandertreffen der Vereine aus der nördlichsten und der
südlichsten Stadt der Schweiz. Während die Schaffhauser Bierkurve
mit einem primitiven Supportstil ihrem Namen wie gewohnt alle Ehre
macht, verbreiten die sechs mitgereisten Chiassesi (typische
Ü30-Ultras, wie man sie aus Italien kennt) ein wenig italienische Atmosphäre im modernen und
längst nicht ausverkauften Rund. Das wird aufgrund des Spielverlaufs
allerdings recht zeitig eingestellt und als der FC Schaffhausen das
5:0 macht, werden auch die beiden Zaunfahnen im Gästeblock
abgehangen. Interessant ist die geografische Lage des neuen
Schaffhauser Stadions, denn es liegt nur knapp 300 Meter von der
deutschen Grenze entfernt – allerdings nicht die Grenze des
deutschen Kernlandes, das noch etwa sieben Kilometer entfernt liegt,
sondern die der deutschen Exklave Büsingen, die bis an den Wald
hinter der Gegengerade heranreicht. Eine weitere Kuriosität ergibt
sich mit dem Blick auf den Bahnhof Herblingen, der sich direkt vor
dem Stadion befindet und – das übergroße DB-Logo und die
Gestaltung des Schildes machen es überdeutlich – ebenfalls zu
Deutschland gehört. Da auch die Deutschschweizer historisch Schwaben
sind, ergeben sich beim Grenzverlauf zwischen Baden-Württemberg und
der Schweiz so einige ungewöhnliche Konstellationen. Die Exklave
Büsingen ist eine davon, eine andere die Bahnstrecke zwischen
Schaffhausen und dem deutschen Singen, die seit ihrem Bau der
Badischen Staatsbahn gehörte und mitsamt der Bahnhöfe in den Besitz
der Deutschen Bahn übergegangen ist. Wer mit dem Zug zum neuen
Schaffhauser Stadion fahren möchte, kann dies folgerichtig mit dem
Wochenend- oder Baden-Württemberg-Ticket machen. Eine gute Nachricht
gibt es aber auch für die Autofahrer: Von Deutschland (Grenzübergang
Thayngen) kommend ist die schweizerische A4 bis zur Ausfahrt
SH-Herblingen, an der das neue Stadion unmittelbar liegt,
vignettenfrei.