Freitag, 17. Februar 2017, 20 Uhr
Paris, Stade Jean Bouin
Im Gegensatz
zum Retorten-Club PSG, der 1970 vom Vorort Saint-Germain-en-Laye nach
Paris transferiert wurde, damit die französische Hauptstadt wieder
einen Erstligisten erhält, stellt der viermalige Pokalsieger Red
Star aus dem direkt an den Boulevard périphérique
angrenzenden Saint-Ouen im Département 93 (Seine-Saint-Denis)
zusammen mit dem Racing Club (französischer Meister von 1936) und
Stade Français so etwas wie die Grande Dame des Pariser Fußballs
dar. Sportlich verschwand der Traditionsverein lange von der
Bildfläche, kehrte in dieser Saison jedoch in die Ligue 2 und damit
in den französischen Profifußball zurück. Da das angestammte Stade
Bauer in Saint-Ouen (Austragungsort der Olympischen Spiele von 1924)
jedoch nicht zweitligatauglich ist, muss der Red Star FC 93 seine
Heimspiele im Stade Jean Bouin austragen. Dieses befindet sich direkt
neben dem Parc des Princes und ist die Heimstätte der
Rugby-Abteilung von Stade Français; Fußball findet hier somit sonst
nicht statt. Die Fanszene von Red Star steht dem modernen Stadion
jedoch kritisch gegenüber, weshalb heute statt Zaunfahnen nur das
große Protestspruchband „Le Red Star... c'est Bauer“ („Red
Star ist Bauer“) zu sehen ist. Gezeigt wird von der politisch klar
dem linken Spektrum zugeordneten Red-Star-Fanszene während dem Spiel
zudem das Spruchband „Theo, Adama, on oublie pas, solidarité!“
(„Theo, Adama, wir vergessen nicht, Solidarität!“). Konkret geht
es um den Fall Théo L.: Der 22-jährige Schwarzafrikaner wurde vor
15 Tagen in der Pariser Banlieue festgenommen und misshandelt;
Polizisten steckten ihm einen Schlagstock in den Hintern. Théo L.
musste daraufhin operiert werden. Wie bereits bei den
Banlieue-Unruhen von 2005, als zwei junge Migranten bei einer
Verfolgungsjagd mit der Polizei starben und Jugendliche in den
folgenden Nächten allein 8500 Autos anzündeten, löste auch die
Misshandlung von Théo L. Unruhen in der zumeist von Migranten
bewohnten Pariser Banlieue aus, die aber auch Paris erreichten –
insbesondere das multikulturelle 18. Arrondisement am Montmartre.
Der Anhang des Racing aus Strasbourg, der heuer ebenfalls nach langer
Durststrecke wieder im französischen Profifußball angekommen ist,
trifft im Stade Jean Bouin mit Verspätung ein und zeigt seine Choreo
somit erst zu Beginn der zweiten Halbzeit. Akustisch bewegen sich die
Anhänger beider Vereine auf gutem Niveau – mit klaren Vorteilen
für den Racing. Erwähnenswert ist die auffallend große Präsenz
der Polizei rund ums Stadion, die hypernervös agiert.