Griechenland, B Kategoria Kyklades K16 – Groupe 2
Samstag, 8. April 2023, 15 Uhr
Parikia, Gipedo Paros
Immer, wenn ich in Athen bin, zieht es mich zum Hafen von Piräus, um dort wehmütig auf die Schiffe zu schauen, die zu den griechischen Inseln auslaufen. Dieses Mal ist es endlich so weit und ich werde (mit Freundin und Tochter) selbst an Bord eines solchen Schiffes sein. Zunächst geht es aber erst einmal mit dem Shuttlebus vom Mailänder Hauptbahnhof zum Flughafen Bergamo, der nachts wohl die größte Jugendherberge Europas ist. Überall liegen Leute auf dem Boden und man hat wirklich Mühe, irgendwo dazwischen selbst ein Plätzchen zu finden – in diesem Fall sogar für drei Leute. Pünktlich um 6.30 Uhr startet der Ryanair-Flieger nach Athen und genau wie im vergangenen Jahr, als es von Budapest nach Rhodos ging, stelle ich verblüffend fest, dass die Flugpreise über Ostern zwar in Deutschland explodieren, im Ausland aber stellenweise richtig human bleiben. So bekommen wir diesen Flug ab Bergamo für geschmeidige 25 Euro pro Person. Angekommen in Athen gibt’s wie üblich zunächst einen Souvlaki-Teller am Omoniaplatz, ehe wir mit der Metro zeitig hinaus zum Hafen von Piräus fahren. Man hätte zwar noch das Heimspiel von Ethnikos Piräus einbauen können, allerdings wären wir dann im günstigsten Fall erst 20 Minuten vor Abfahrt der Fähre wieder am Hafen und das ist mir – gerade mit Family – dann doch zu heikel. Also gammeln wir bei strömendem Regen in einem Café mit Blick auf die Fähre herum und warten sehnsüchtig darauf, dass endlich der Check-in-Prozess beginnt. Mein großer Traum war immer, mit einer Flasche Retsina auf einem Schiff am Hafen von Piräus zu sitzen und dabei das Lied „Ich bin ein Mädchen von Piräus“ zu hören. Die Damen finden das zwar furchtbar peinlich, aber ich zieh’s trotzdem direkt nach Betreten des Schiffes durch. Und keine Angst, Mädels: Das gleiche Thema werden wir auf Mykonos noch einmal mit den Flippers haben. Rund vier Stunden dauert die Fährfahrt von Piräus nach Naxos (Preis pro Person: 51,50 Euro), quer hindurch durch die griechische Inselwelt, die für mich einfach die europäische Karibik ist. Touristen sind jetzt Anfang April kaum an Bord und die Einheimischen verziehen sich meist unter Deck, wo sich unter anderem auch eine Filiale der griechischen Burgerkette Goody’s befindet. Nach dem Sonnenuntergang erreichen wir die Inselgruppe der Kykladen, legen zunächst auf Paros an und dann schließlich auf Naxos, der mit 389 Quadratkilometern größten Insel der Kykladen. Unsere Unterkunft haben wir nur ein paar Schritte vom Hafen entfernt, was schon sehr gut zeigt, wie die nächsten Tage aufgebaut sind: entspannt. Naxos wird den Hauptteil unserer zehn Tage auf den Kykladen einnehmen und wir haben uns ganz bewusst gegen einen Mietwagen entschieden, obwohl die Insel wunderschöne Ecken zu bieten hat. Nein, wir wollen eine Woche komplett in der gleichnamigen Inselhauptstadt (7.500 Einwohner) verbringen und bei möglichst geringem Tempo den griechischen Lifestyle genießen. Und das erweist sich als gar keine so schlechte Ideen, denn auch Naxos-Stadt hat mehrere schöne Strände, die typischen engen Gassen mit lauter weißen Gebäuden wie man es von Mykonos kennt und reichlich schöne Restaurants in jeder Preisklasse. Mein persönliches Highlight ist das Tempeltor von Naxos, das auch das Wahrzeichen der Insel ist. Es befindet sich auf der winzigen Insel Palatia, die Naxos-Stadt vorgelagert ist und mit seinem Hafen inzwischen über einen Damm verbunden ist (womit Palatia streng genommen nur noch eine Halbinsel ist). Das knapp sechs Meter hohe Tor, das etwa 500 von Christus gebaut wurde, ist der einzig erhaltene Teil eines Apollontempels. Das Tor ist aber gar nicht das eigentliche Highlight, denn der kleine Berg, auf dem es steht, bietet praktisch eine 350-Grad-Sicht auf das offene Meer. Ein Bierchen, ein kleine Flasche des nur auf Naxos erhältlichen Kitros (grüner Likor aus den Blättern des Zedratbaums, von dem es auf Naxos nur 2000 Exemplare gibt, weshalb die Produktion limitiert ist), griechische Musik auf dem Handy abspielen und den Sonnenuntergang anschauen – da ist die Welt für mich perfekt. Jeden Abend schauen wir uns den Sonnenuntergang auf Palatia an, was von unserer Unterkunft nur ein fünfminütiger Fußweg ist, und es ist dabei wirklich interessant zu sehen, wie es jeden Tag ein paar Touristen mehr werden. Das erleben wir auch in Naxos-Stadt selbst. Die Tourismussaison läuft in diesen Tagen erst an und so werden es nicht nur jeden Tag mehr Touristen, sondern jeden Tag wachen auch weitere Shops und Restaurants aus dem Winterschlaf auf. Sehr spannend, das zu beobachten. Selbst in das etwas lieblose archäologische Museum von Naxos-Stadt, in dem in den Vitrinen teilweise Kabel zwischen den antiken Funden herausgucken, kehrt irgendwann Leben ein. Ich muss schon sagen: Ein paar wirklich schöne Tage in Naxos-Stadt, die umso angenehmer werden, sobald man die ersten Leute kennengelernt hat. Meine absolute Empfehlung gibt es für das Restaurant Kozi in der Nähe des Damms, der zur Insel Palatia führt. Hausmannskost zum guten Preis und mega-freundliches Personal!
Klar ist aber auch: Fußball darf nicht fehlen. Hauptziel ist Drittligist AE Mykonos, dessen Heimspiel gegen Panargiakos schon frühzeitig auf kommenden Mittwoch gelegt wurde und um das herum ich die ganze Tour geplant habe. Was jedoch am Wochenende davor an Fußball auf den Kykladen wird, erfahre ich erst nach unserer Ankunft auf Naxos. Unterklassiger Fußball ist in Griechenland ganz schwer planbar – und da bilden die Kykladen keine Ausnahme. In der Regel werden die Spiele erst vier, fünf Tage vorher terminiert, teilweise sogar noch kurzfristiger. Auch war nicht einmal klar, ob die Vereine auf den anvisierten Inseln ein Heimspiel haben, weil nicht an jedem Wochenende gespielt wird und man sich das somit im Vorfeld überhaupt nicht ausrechnen kann. Besonders ins Auge gefasst hatte ich Pannaxiakos aus Naxos-Stadt, da der Verein eine organisierte Fanszene besitzt, weshalb Naxos dann auch unsere Hauptdestination wurde. Ich hatte den Verein im Vorfeld auch kontaktiert und nach einem Spielplan mit Datum gefragt, doch es kam die eigentlich unfassbare Antwort zurück, dass man das selbst nicht so genau wisse. Mit großer Spannung erwarte ich also die Veröffentlichung der genauen Terminierungen des regionalen Fußballverbands der Kykladen, doch als die herauskommt, setzt schnell Frustration ein: An diesem Wochenende ist kein Herrenspiel möglich. Alles, was auf den Kykladen stattfindet, passt nicht zum Fahrplan der Fähren, der jetzt außerhalb bzw. ganz zu Beginn der Touristenzeit noch sehr dünn ist. Es müsste auf jeden Fall auf einer anderen Insel übernachtet werden, weil man nach dem Spiel nicht mehr nach Naxos kommt, und das scheidet bei so einem Family-Trip aus, weil die Mädels auf Naxos bleiben würden und wir uns somit trennen müssten. Aber da ist ja noch der Jugendfußball und weil am Samstag auf der Nachbarinsel Paros gespielt wird, bietet sich ein richtiger schöner Tagesausflug an. Gerade einmal 45 Minuten fährt die Fähre von Naxos nach Parikia (Inselhauptstadt von Paros) und kostet 5,50 Euro pro Person. Die Anstoßzeiten richten sich streng nach den Fahrplänen der Fähren, denn auf den Kykladen kommt der Gegner fast immer von anderen Inseln und ist auf die Fähre angewiesen. In diesem Fall trifft die B-Jugend (in Griechenland K16 genannt und auf den Kykladen die älteste Altersstufe, da es aufgrund der geringen Einwohnerzahlen auf den Inseln keine A-Jugend gibt) des AO Paros auf den Nachwuchs von Pammiliakos von der Insel Milos. Wir müssen uns daher keine Gedanken machen, dass unsere Fähre mit über einer Stunde Verspätung auf Naxos ankommt und Paros erst 15 Minuten nach Anpfiff erreicht wird, denn es handelt sich um eine Ringverbindung, die sämtliche Kykladen-Inseln abgrast. Gestartet ist die Fähre auf Milos – und wenig überraschend ist auch die Mannschaft von Pammiliakos an Bord. Das Spiel kann also gar nicht pünktlich angepfiffen werden. Die Spieler ziehen sich aber bereits an Bord um, gehen auf Paros in voller Montur als erste Passagiere vom Schiff und steigen hurtig in bereits am Hafen wartende Taxis. Wir müssen uns allerdings nicht beeilen, denn das Stadion von Parikia (4.500 Einwohner) ist nur 1,4 Kilometer vom Hafen entfernt und damit gut zu Fuß erreichbar. Als wir ankommen, sind beide Mannschaften immer noch beim Aufwärmen. Keine Hektik. Eine absolute Augenweide ist das Stadion: Bruchbude mit Meerblick. Es ist meines Wissens nach das einzige Stadion der Insel, die nur unwesentlich kleiner ist als Naxos. Mit dem AO Paros und AMES Nireas gibt es aber auch nur zwei Vereine auf der Insel – und die teilen sich dieses nach der Insel benannte Stadion. Beide spielen in den kykladischen Ligen und ich denke, dass außer der AE Mykonos und Pannaxiakos auch kein kykladischer Verein ein ernsthaftes Interesse daran hat, oberhalb der 4.Liga zu spielen, in der alle zwei Wochen eine beschwerliche und teure Auswärtsfahrt auf das südliche griechische Festland oder nach Kreta ansteht. Zum heutigen Spiel kann man sagen, dass sich auch die Gäste von der Insel Milos die beschwerliche Anreise hätten sparen können, denn der deutlich agilere Nachwuchs von Paros fegt sie mit 5:0 vom Kunstrasen. Während die Gäste auf die nächstmögliche Fähre zurück nach Milos gehen, nehmen wir erst die letzte Verbindung des Tages nach Naxos und verbringen den Abend auf Paros. In der Inselhauptstadt Parikia gibt es natürlich wieder die für die Kykladen typischen weißen Häuser und enge, verwinkelte Gassen zu sehen. Ich vermute, dass auf Mykonos und Santorini schon zu dieser Jahreszeit viel los ist, aber hier auf Paros ist jetzt sogar noch weniger los als drüben auf Naxos, so dass man wirklich in aller Ruhe durch die fast menschenleeren Gassen schlendern kann. Auch in den Restaurants bekommt man problemlos einen freien Tisch. Ich vermute, dass gerade Paros eine ruhige, familienfreundliche Alternative zu Mykonos ist, auch wenn ich (noch) nicht sagen kann, wie sehr sich beide Inseln optisch unterscheiden. Auch die von Piräus kommende Spätfähre nach Naxos erreicht Paros mit deutlicher Verspätung, was wir aber gar nicht schlimm finden, denn so haben wir zusätzliche 60 Minuten im wirklich niedlichen Parikia.