TuS Eintracht Bielefeld – Spvgg Heepen 1:2

Deutschland, Kreisliga A Bielefeld (9. Liga) 
Sonntag, 23. Februar 2020, 15 Uhr 
Bielefeld, Sportplatz Königsbrügge

Im vorherigen Bericht ging es bereits maßgeblich um den Bielefelder Osten und seine Arbeitervereine VfB und Fichte. Es gibt aber noch einen dritten im Bunde, nämlich den TuS Eintracht Bielefeld. Genau wie das Stadion Rußheide, wo VfB und Fichte spielen, liegt auch der Sportplatz Königsbrügge im Stadtteil Sieker, der maßgeblich den Bielefelder Osten bildet. Sieker war noch bis 1930 formal eine eigenständige Gemeinde, in der jedoch schon lange vorher die Bielefelder Arbeiterklasse angesiedelt wurde und die schon zum Zeitpunkt der Eingemeindung städtebaulich mit der Bielefelder Innenstadt zusammengewachsen war. Die Theorie, dass sich Arbeiterviertel aufgrund des Westwinds und dem Rauch der Fabriken oft im Osten einer Stadt befinden, wurde ja auch schon im vorherigen Bericht thematisiert. Anders als VfB und Fichte benannte sich die 1900 gegründete Eintracht nicht nach Bielefeld, sondern nach Sieker, und betrachtete sich damit wohl noch stärker als die beiden wesentlich erfolgreicheren Nachbarn als Verein des Viertels. Genau genommen nannte man sich Arbeiter-Turnverein Eintracht Sieker und war deutlich proletarischer geprägt als VfB und Fichte. So richtete die Eintracht 1924 das erste nordwestdeutsche Arbeiter-Turn- und Sportfest vor 60.000 Besuchern aus. Der Bielefelder NSDAP war der rote Verein aus Sieker wenig überraschend ein Dorn im Auge und so wurde der Arbeiter-Turnverein schon 1933 direkt nach Hitlers Machtergreifung verboten. Durch den Zusammenschluss mit einem bürgerlichen Turnverein konnte sich die Eintracht jedoch im Dritten Reich am Leben halten und hieß fortan TuS Eintracht Bielefeld – bis heute. Ein echter Hingucker ist der Sportplatz Königsbrügge, auf dem die Eintracht seit den 20er-Jahren spielt. Ursprünglich handelte es sich bei der Fläche um einen Exerzierplatz der Armee. Fast überall in Deutschland war das Militär dem Fußball gegenüber sehr positiv eingestellt, nahm die Sportart schon früh in die Offiziersausbildung auf und stellte den noch jungen und mittellosen Vereinen ihre Exerzierplätze als Spielstätten zur Verfügung. Auch in Bielefeld war das der Fall und so erhielt die Eintracht in den 20er-Jahren die Königsbrügge, die die Vereinsmitglieder in Eigenregie zum Sportplatz umfunktionierten. Doch auch um den Platz herum wurde eifrig gegraben, denn nahe dem bis dato brach liegenden Gelände rund um den Exerzierplatz hielt kurz zuvor die Industrie Einzug. Konkret geht es um die 1906 gegründeten Lepper-Werke, die Sattel für Hollandfahrräder herstellten und zum Weltmarktführer wurden. Die Firma existiert nach wie vor, hat ihren Sitz aber in die Niederlande verlegt und ist in Bielefeld nicht mehr zu finden. Für die Arbeiter der Lepper-Werke und einkommensschwache Familien aus dem Bielefelder Osten wurde ab 1913 rund um den Exerzierplatz eine Wohnanlage mit insgesamt 52 Häusern gebaut. Architektonisch wurde dabei das Gartenstadt-Prinzip angewandt, wodurch sie sich heute komplett von ihrer Nachbarschaft abhebt, die hier im Bielefelder Osten mit seinen Mietskasernen von der Stange monotoner nicht sein könnte. Die ganze Wohnanlage steht inzwischen unter Denkmalschutz. Interessanterweise hat man bei ihrem Bau dem Sportplatz einen repräsentativen Zugang in Form eines spitzen Torbogens verpasst. Genutzt wird der alte Eingang leider nicht mehr, dort werden nur noch die Mülltonnen der Wohnanlage untergestellt. Traurig. Für mich persönlich das alles höchst interessant, denn bis ich 13 Jahre alt war habe ich in der nicht weit entfernten und nach dem Firmengründer benannten Ludwig-Lepper-Straße gewohnt. Bis zum heutigen Besuch bei der Eintracht war mir nichts über die Lepper-Werke und die Herkunft des Straßennamens bekannt. Wieder ein Beweis, wie gut doch am Fußball Stadtgeschichte ablesbar ist. Die Eintracht macht es einem aber auch einfach, denn die Geschichte von Verein und Sportplatz ist mit Schautafeln im kleinen Vereinsheim ausgestellt. Sehr schön gemacht. Da merkt man schnell, dass hier Enthusiasten am Werk sind. Bis 2008 war die Königsbrügge noch ein sogenannter Glatzenplatz (ein Drittel Rasen, ein Drittel Asche, ein Drittel Rasen), seitdem wird auf Kunstrasen gespielt und die Anlage wurde samt Vereinsheim generell auf Vordermann gebracht. Der historische Charme ging dadurch ein bisschen verloren, aber das gleicht die den Sportplatz umgebende Wohnanlage aus. Spaß macht das heute leider absolut nicht, denn Regen und Wind werden immer abartiger. Dem Wetter fällt bereits in der ersten Halbzeit der Regenschirm zum Opfer, der regelrecht zerschossen wird. Die gesamte Kleidung ist bis auf die Unterhose nass und spätestens ab der Halbzeitpause tut sich das kein anderer Zuschauer mehr an. Bis zur 75. Minute halten wir noch durch, dann bleiben nur noch zwei Möglichkeiten: Entweder die restlichen 15 Minuten im trockenen Vereinsheim absitzen, ohne etwas vom Spiel mitzubekommen, oder schnell nach Hause laufen. Vernünftig ist einzig die zweite Option, so dass auch wir vorzeitig das Weite suchen. Wer mich kennt, der kann sich denken, wie heftig das Wetter sein muss, denn so etwas kommt für mich sonst nie infrage. Andererseits sind es bis zur Königsbrügge nur zehn Gehminuten von meinem Bielefelder Zweitwohnsitz aus, so dass sich sicherlich mal die Gelegenheit ergibt, hier noch einmal vorbeizuschauen. Verdient hat es die Anlage.




























Königsbrügge: