Kroatien, Kup NSŽSD (Viertelfinale)
Mittwoch, 4. August 2021, 19.30 Uhr
Klis, Stadion pod Klisom
Ich hatte es hier schon angesprochen: Der Besuch beim NK Dinamo Schaffhausen im Juni gab den Ausschlag, im Sommer endlich mal wieder an die kroatische Küste zu fahren. Der Blick auf den Spielplan der 1.HNL war dann endgültig Motivation, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Zwei Grounds fehlen mir noch im kroatischen Oberhaus – und beide lassen sich Ende Juli/Anfang August recht attraktiv machen: Rijeka gegen das von dort nicht weit entfernte Pula und Gorica gegen Hajduk. Bumm! Damit wäre die 1.HNL endlich voll. Doch die Berichte von Hoppern, die in den vergangenen Tagen auf dem Balkan unterwegs waren, bringen diesen Plan ins Wanken, denn vor allem die Kroaten seien beim Fußball sehr streng den Impfnachweis betreffend. Der gelbe Impfausweis wird als Nachweis nicht anerkannt, man benötigt unbedingt irgendetwas mit QR-Code – also entweder die Covpass-App oder das Zertifikat in Papierform. Zur Erinnerung: Ich bin erst vor wenigen Tagen vom Betriebsarzt geimpft worden, der keine Zertifikate ausstellt, sondern einen mit dem Stempel im Impfpass zur Apotheke schickt, die das dann macht. Momentan stellen die Apotheken in Deutschland aufgrund einer Daten-Panne aber keine Zertifikate aus, womit ich keine Chance habe, an eins zu kommen. Ganz beschissenes Timing. Den Versuch, ein Zertifikat in einer österreichischen Apotheke ausstellen zu lassen, habe ich hier bereits beschrieben – er scheiterte mit Gelächter. Wahrscheinlich gibt es schon Möglichkeiten, es trotzdem in ein kroatisches Stadion zu schaffen, oder einfach ins Krankenhaus zu gehen und einen (in Kroatien gar nicht so günstigen) Test zu machen, aber letztendlich fällt bei mir der Entschluss: Leckt mich am Arsch! Die Grounds rennen nicht weg und wahrscheinlich ist es eh besser, zu solchen Spielen erst wieder nach der Pandemie zu fahren, denn dann wird auch auf den Rängen mehr los sein, was im Falle Kroatiens dann doch wesentlich entscheidender als zum Beispiel in Luxemburg oder beim Frauenfußball. Da ja inzwischen auch meine Familie dabei ist, die per Zug nachgekommen ist und die ich am Bahnhof in Villach eingesammelt habe, wird die Strategie geändert. Nicht der Spielplan gibt jetzt den Takt vor, sondern die Adria. Für ein paar Tage hinfahren, wo es richtig schön ist, und dann dort nach regionalem Fußball Ausschau halten. Und wo ist die kroatische Adria am schönsten? Natürlich in Trogir! Für mich die wahre Perle der Adria. Die nahe Split gelegene Stadt, in der sich der Flughafen von Split befindet, teilt sich in drei Teile: einer auf dem Festland, einer auf der Insel Čiovo und dazu die Altstadt auf einer eigenen Insel. Die Altstadt ist seit 1997 Unesco-Welterbe und war einst Drehort für die Winnetou-Filme. Sie ist komplett autofrei, was aufgrund der engen Gassen aber völlig logisch ist. Lediglich an ihrem östlichen Ende befinden zwei Brücken, über die Čiovo mit dem Festland verbunden ist. Leider entwickelt sich Trogir immer mehr zu einem Platz des internationalen Jetsets, an der Hafenpromenade liegen die Yachten von Abramowitsch & Co., was natürlich deutliche Spuren beim Preisniveau hinterlässt. Vor zehn Jahren war ich das erste Mal in Trogir und wenn ich das mal mit damaligen Zeiten vergleiche, hat das wirklich völlig absurde Dimensionen erreicht. Da sind schnell mal 100 Euro weg. Unabhängig davon geht es in Kroatien in diesem Sommer aber – völlig konträr zur Situation beim Fußball – sehr entspannt zu. Corona gibt es einfach nicht mehr. Allenfalls im Supermarkt wird von manchen Leuten eine Maske getragen, ansonsten ist von der Pandemie nichts mehr zu spüren. Noch dazu platzt die Adria derzeit aus allen Nähten. Der Vermieterin unserer Unterkunft sagt, dass dieser Sommer alle Rekorde schlägt. Es heißt, das aktuell knapp eine Million Touristen in Kroatien unterwegs sind. Um das mal in die richtige Relation zu setzen: Das Land hat nur 3,9 Millionen Einwohner. Neben den üblichen Kroatien-Urlaubern kommen jetzt nämlich noch diejenigen, die sonst zum Beispiel in Spanien Urlaub machen, dort aufgrund der strengen Corona-Regeln in diesem Sommer aber nicht hinkönnen oder nicht hinwollen. Wir machen mal den Test auf booking.com und stellen tatsächlich fest: Es gibt in Trogir für die kommenden Tage keine einzige freie Unterkunft mehr. Keine einzige! Für uns bedeutet das leider, dass wir die Stadt früher als geplant verlassen müssen – wenn wir nicht im Auto schlafen sollen. Vorher soll es aber selbstverständlich noch Fußball sein und da kommt das Viertelfinale im Regionalpokal der Gespanschaft Split-Dalmatien gerade richtig. Der HNK Trogir hat ein Heimspiel und dessen Stadion ist eine echte Wucht, denn es liegt ebenfalls auf der Altstadt-Insel, direkt neben der Festung Kamerlengo, an der die Hafenpromenade mit all den Yachten liegt. Das wäre für auch deshalb sehr charmant, weil sich unsere Unterkunft in einem Stadtteil auf der Insel Čiovo befindet, weshalb wir täglich mit dem Wassertaxi auf die Altstadt-Insel fahren, das direkt neben dem Stadion anlegt. Der Haken: Ich habe den Ground schon. Angesteuert wird somit das 30 Kilometer entfernte Klis, das oberhalb von Split liegt. Von der Entfernung her durchaus vertretbar, denn ich muss damit rechnen, den Weg umsonst anzutreten – das Spiel findet offiziell unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Bei der Ankunft am Stadion dann erst einmal Staunen: Was für eine geile Lage unterhalb der Burg von Klis! Der Blick auf die gut 150 Zaungäste senkt die Laune jedoch sofort, denn das verdeutlicht, dass man es mit dem Zuschauerausschluss ernst meint. Zwar hat man von der oberhalb des Stadions gelegenen Hauptstraße einen guten Blick aufs Spielfeld, vielleicht sogar einen besseren als von der Tribüne aus, aber der Ground zählt dort natürlich auf keinen Fall. Doch es gibt Hoffnung: Rund 30 Leute sitzen auf der Tribüne – also mal anklopfen. Am Eingang steht ein fürchterlich schlecht gelaunter Ordner mit einem „Pit Bull Security“-Shirt, der mir schon von Weitem signalisiert, dass ich es gar nicht erst versuchen brauche. Klar, da bin ich ganz sicher nicht der Erste heute. Als ich vor dem Ordner stehe, würdigt er mich zunächst keines Blickes, doch als er merkt, dass ich Ausländer bin, sieht die Sache schon wieder anders aus. Kurze Rücksprache mit einem Vereinsoffiziellen im Inneren und es öffnet sich die Tür. Kein Impfnachweis, kein Eintritt – der Ausländerbonus zieht auf dem Balkan dann doch wieder. Einfach stark, mit welcher Gastfreundschaft einem hier begegnet wird. Im Stadioninneren verhindert leider das Tribünendach den Blick auf die Burg, dafür weiß die Sicht auf die in die Felsen gehämmerte Autobahn zu gefallen. Das Spiel dagegen ist ziemlich mies, ein 0:0 der schlechteren Sorte. Auf eine Verlängerung wird verzichtet und direkt zum Elfmeterschießen übergegangen, in dem sich das miese Niveau nahtlos fortsetzt. Jeder noch so schlechte Schuss geht rein, die beiden Torhüter können wirklich gar nichts. Erst beim neunten Elfmeter gibt es ein Erbarmen und der Keeper der Gastgeber hält endlich mal die Murmel. Nach dem Spiel sofort wieder zurück nach Trogir, denn die Zeit ist ja leider sehr begrenzt.