Deutschland, Westfalenliga – Staffel 1 (6. Liga)
Samstag, 28. August 2021, 17 Uhr
Espelkamp, Sportpark Mittwald
Es geht weiter beim vielleicht unsympathischsten Verein Ostwestfalens. Es ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Preußen Espelkamp und dem SV Rödinghausen. Espelkamp ist zusammen mit der benachbarten Kreisstadt Lübbecke Sitz der Gauselmann AG, bekannt durch die Merkur-Spielautomaten. Paul Gauselmann, einst Fernmeldetechniker, stieg mit Jukeboxen, die man in Kneipen vom Platz aus quasi telefonisch anwählen konnte, in die Branche ein und erfand schließlich den ersten Geldspielautomaten in Deutschland. Damit ist er zum Millionär aufgestiegen, wenn auch mit recht dubiosen Methoden. Abgesehen davon, wie moralisch vertretbar es ist, sich mit der Spielsucht anderer zu bereichern, fiel der Knabe vor allem mit allzu großzügigen Parteispenden auf. Im Gegenzug legt ihm die Politik auffallend wenige Steine beim Ausbau seines Geschäftsmodells in den Weg. Nicht überraschend, dass Gauselmann wegen Steuertricks in den Panama Papers auftaucht. Fast schon lustig: Der etwas schrullig wirkende Typ lässt irgendwie ständig minutenlange Imagefilme über sich drehen (zum Beispiel hier), in denen er sich in feinster Dietmar-Hopp-Manier als der große Gönner darstellt, vor allem im Sport. Nicht müde wird er dabei zu betonen, dass er mit seiner Rentnermannschaft deutscher Meister im Tennis geworden ist. Reife Leistung! Zu seinen Projekten im Sport gehört der lokale Fußballverein Preußen Espelkamp, auch wenn der auffälligerweise in den Imagefilmen zwar gezeigt, aber nie genannt wird. Der Vereinsname ist allerdings eine glückliche Fügung für Gauselmann, denn er stammt eigentlich aus Münster und ist bekennender Fan von Preußen Münster. Zusammen mit dem zweiten großen Sponsor, Dietmar Harting („Deutschlands König der Elektroindustrie“), will er den Verein nun in höhere Sphären führen. Das spiegelt sich auch in der Sportanlage von Espelkamp wieder. Alles modern, alles in Schuss, mit Sicherheit mit einer Werbeagentur dahinter, dazu ein fast schon protziges Vereinsheim. Und überall lacht die Merkur-Sonne. Leider hat man es verpasst, eine Tribüne hinzusetzen, so dass der Verein nicht nur unsympathisch, sondern auch für Groundhopper unattraktiv ist. Ein bisschen schade, das Ding heute gegen Hiltrup zu machen, denn mit Erkenschwick und VfB Fichte Bielefeld gibt es in der Westfalenliga auch ja Vereine mit Fanszene, die bessere Unterhaltung garantieren, aber in Westfalen schießen aktuell die Inzidenzwerte nach oben und es häufen sich die Spielabsagen wegen Corona. Also keine Zeit verlieren. Da Gauselmann inzwischen auch bei Arminia Bielefeld drinhängt (und das als Fan von Preußen Münster!), gibt es hier inzwischen auch ein jährliches Testspiel gegen die Arminen, mit dem man den Ground auch gut machen könnte. Für dieses Testspiel verzichtet Arminia auf das seit Jahrzehnten stets in der Sommerpause ausgetragene Derby gegen VfB Fichte Bielefeld. Geld schlägt Tradition. Ansonsten lohnt es sich, in Espelkamp mal am Spielfeldrand etwas genauer hinzuhören. Der Ort ist nämlich die Hochburg der Russlanddeutschen in Ostwestfalen – und tatsächlich hört man hier noch oft ein rollendes R. Nach dem Spiel schauen wir uns mal am Firmensitz von Gauselmann um, der gleich ein halbes Industriegebiet in Beschlag nimmt. Die zentrale Straße dort ist natürlich nach Paul Gauselmann benannt, der hier wenig überraschend – genau wie seine Ehefrau – Ehrenbürger ist. Eigentlich benennt man Straßen in Deutschland ja nicht nach noch lebenden Personen, aber das scheint sein Ego einfach nicht mitzumachen. Und auch gar nicht protzig: Als Stromquelle für den Firmensitz dient ein Windrad, das er sich direkt vors Haus gesetzt hat. Natürlich mit riesiger Merkur-Sonne.