Samstag, 9. September 2017, 14 Uhr
Garching bei München, Stadion am See
Zugegeben: So traurig das Schicksal des
Traditionsvereins TSV 1860 München für den deutschen Fußball auch
ist – ein wenig haben wir uns schon gefreut, als bekannt wurde,
dass der deutsche Meister von 1966 in die Regionalliga gesteckt wird.
Wir haben uns schon eine Auswärtssaison mit den
Löwen ausgemalt, denn besser kann man die Regionalliga-Grounds wohl
kaum machen. Die Rechnung haben wir allerdings ohne den Wirt gemacht,
denn bei den 1860-Fans löste der Abstieg eine unglaubliche Euphorie
aus. Das klingt auf den ersten Blick völlig Banane, dürfte aber
hauptsächlich mit der seit Jahrzehnten erhofften Rückkehr ins
heimische Stadion an der Grünwalder Straße zu tun haben. Der
Ansturm auf Tickets war so groß, dass der Verein in der Vorbereitung sogar den
Dauerkartenverkauf stoppen musste. Unser Augenmerk liegt zwar auf den
Auswärtsspielen, aber auch da mussten wir uns mehrfach verwundert die
Augen reiben. So war bereits das Auftaktspiel in Memmingen – eines
der größeren Stadien der Regionalliga Bayern – innerhalb
kürzester Zeit ausverkauft. Da die meisten Regionalliga-Vereine
entschieden haben, gegen 1860 im eigenen Stadion (oft nur ein
besserer Sportplatz) zu spielen anstatt ins nächstgrößere Stadion
auszuweichen, war recht schnell klar, dass die Chance auf Tickets für
Auswärtige recht klein sein dürfte. Kommt aber noch besser, denn
viele Vereine in der Regionalliga sind Dorfvereine, die mit der
Organisation solcher Spiele natürlich keinerlei Erfahrung und auch
gar nicht das nötige Personal haben. So werden stellenweise
Kooperationen mit der lokalen Dorfbank eingegangen, die den
Ticketverkauf übernimmt – vorzugsweise mit Abbuchung direkt vom
Konto. Als Auswärtiger natürlich völlig unmöglich, in dieser
Ticket-Lotterie mitmischen zu können. Für das Gastspiel der Löwen
in Garching war es für Auswärtige ebenfalls unmöglich, eine Karte
zu ergattern. 3.000 Tickets gingen in den Verkauf – der eine Teil
an die Sechzger, die die Dinger wie üblich intern verklopft haben,
der andere Teil wurde nur innerhalb weniger Stunden an der
Geschäftsstelle des VfR Garching verkauft. Über dunkle Kanäle kamen wir in
diesem Fall dann aber doch mal an Tickets. Juhu. Ein besonders Spiel
ist es jedoch nicht nur für uns, sondern auch für die 1860-Fans, denn
Garching liegt nur eine S-Bahn-Station hinter der Allianz-Arena. Da
werden also Erinnerungen wach an düstere Zeiten, die noch gar nicht
so lange her sind. Doch auch wenn die Löwen heute ein paar Minuten
länger in der S-Bahn sitzen bleiben können, erinnert rund um das
Stadion am See doch so manches an den Profifußball – vor allem das
Polizeiaufgebot betreffend. Warum hier sogar eine Pferdestaffel
aufmarschieren muss, versteht wohl nur die CSU. Obwohl etwa die
Hälfte der 3.000 Zuschauer Sechzger sind, herrscht im Stadion dann
wenig überraschend eine recht entspannte Atmosphäre. Eng geht es
nicht zu, man hätte auf den weitläufigen Graswall sicherlich
nochmal gut 1.000 Zuschauer packen können, wollte aber offenbar
keinerlei Risiko eingehen. Bedauerlich ist ohnehin die Aufteilung im
Stadion. Der harte Kern, der neuerdings nur noch unter dem abstrakten
Namen „Münchner Löwen“ auftritt, ist mit etwa 350 Mann im
eigentlichen Gästeblock neben der Haupttribüne untergebracht,
während der Rest auf dem Graswall auf der gegenüberliegenden Seite
steht. Ein gemeinsamer Support ist da natürlich nicht möglich,
freilich abgesehen von gelegentlichen Wechselgesängen. Ohnehin ist
der Support allenfalls Durchschnitt, da haben wir uns doch deutlich
mehr versprochen. Optisch sieht das zwar ganz gut aus, wirklich
kreatives Liedgut ist aber nicht dabei. Fast schon gespenstig wirkt
die „50+1 muss bleiben!“-Fahne, die über der zentralen
1860-Fahne hängt – das hat in diesem Fall einen ganz besonderen
Geschmack. Einen recht soliden Eindruck macht derweil die in
passender Holzbauweise errichtete Tribüne, auf der mehrheitlich die
Einheimischen Platz nehmen. Wirkt urig, aber für ein Spiel wie
dieses irgendwie unpassend. Wir wollen uns aber gar nicht beschweren,
war schließlich schwer genug, hier überhaupt dabei zu sein. Den
wohlverdienten Nachschlag gibt’s anschließend in Dachau.