Donnerstag, 20. Juli 2017, 20 Uhr
Korça, Stadiumi Skënderbeu
Albanien mit seinen ganz
unterschiedlichen Einflüssen ist manchmal ein bisschen schwer zu
verstehen. Erst recht gilt das für das an der griechischen Grenze
gelgenene Korça (50.000 Einwohner), aus dem zum Beispiel Albaniens beliebteste
Biermarke stammt. Das Gebräu heißt natürlich auch hier genauso wie
die Stadt – und schmeckt gut. Noch besser ist aber die Fahrt von
Tirana nach Korça: Man fährt durch traumhafte Berglandschaften
sowie vorbei am Ufer des Ohridsees, dessen größter Teil bereits zu
Mazedonien gehört. Hinter Pogradec, der größten Stadt auf der
albanischen Seite des Sees, werden die Straßen dann immer
abenteuerlicher. Ein paar Abschnitte sind aber ganz gut ausgebaut,
übrigens finanziert – wie man an aufgestellten Schildern sehen
kann – von Saudi-Arabien. In Korça sind es dann aber lauter
Kirchen statt wie sonst in Albanien Moscheen, die in den Himmel
ragen. Wohl bedingt durch die Nähe zu Griechenland ist Korça das
christlich-orthodoxe Zentrum Albaniens. Alles ist hier ein bisschen
anders – und vor allem schon total griechisch. Der nicht weit
entfernte Grenzübergang Kapshticë war während der Hoxha-Diktatur
der einzige zwischen Albanien und Griechenland. Noch heute ist er der
wichtigste. Wie groß der griechische Einfluss auf Korça ist merkt
man auch daran, dass sich unweit des Stadions ein griechisches
Generalkonsulat befindet. Im Stadion selbst steigt heute die zweite
Qualirunde in der Europa League, in die der KF Skënderbeu gegen den
FK Qairat aus Kasachstan als klarer Außenseiter geht. Das Interesse
an dem Spiel ist deutlich größer als gestern in Elbasan, so dass
wir schon frühzeitig am Stadion aufschlagen, um uns Tickets zu
besorgen. Klappt problemlos. Mit 4.800 Zuschauern ist das ziemlich
runtergelebte Stadiumi Skënderbeu praktisch ausverkauft, einzig der
Gästeblock bleibt leer. Auch die Stimmung ist deutlich besser als
gestern in Elbasan, 200 bis 300 Leute beteiligen sich dauerhaft an
den Gesängen. Die zeigen vor dem Spiel eine kleine Choreo mit einem
Reiter samt Albanien-Schild und Europa-Karte, dazu der Spruch:
„Europe... king is coming!“ Am Selbstbewusstsein mangelt's hier
nicht. Der abgebildete Reiter ist übrigens der Feldherr Georg
Kastriota, der hier besser bekannt ist unter seinem osmanischen
Namen: Skënderbeu. Jener Skënderbeu verteidigte im 15. Jahrhundert
mit seinen Truppen Albanien vor den Osmanen und damit das Christentum
vor dem Islam, weshalb der Papst in Rom einen Palazzo nach Skënderbeu
benennen ließ (den es noch heute gibt), Hitler allerdings auch die
albanische SS-Division auf seinen Namen taufte. Die Mehrheit der
Albaner verehrt heute zwar die Osmanen, die Albanien letztendlich
doch erobert und bekehrt haben. Überall im Land sieht man heute
Türkei-Fahnen wehen, mit denen viele Albaner dem alten
Kolonialherren noch immer die Treue schwören. Nicht so aber in
Korça, wo sich sogar der lokale Fußballverein nach Skënderbeu
benannt und ihm eine Statue vor dem Stadion gebaut hat. Ähnlich
beeindruckend wie gestern in Elbasan ist auch hier die Berglandschaft
rund ums Stadion, besonders auffallend ist dabei aber die hohe Zahl
an Kirchtürmen, die einem zwangsläufig ins Auge stechen. Ein Blick
aufs Spielfeld lohnt aber auch, denn die selbstbewusste Ankündigung
der Fans setzt die Mannschaft nach dem 1:1 im Hinspiel tatsächlich
in die Tat um. Die Kasachen sind komplett von der Rolle, der KF
Skënderbeu zieht tatsächlich in die dritte Qualirunde ein. Wie gut,
dass direkt am Stadion eine Party-Meile beginnt. Denn auch das ist
ein Unterschied in Korça: Während die Stadt ansonsten überwiegend
aus alten Villen und Kopfsteinpflaster besteht und in manchen Ecken
die Uhren schon im 19. Jahrhundert stehengeblieben sind, befinden
sich zwischen Stadion und Stadtzentrum (quasi rund ums griechische
Generalkonsulat) mehr als ein Dutzend moderne Clubs und Bars. Hinzu
kommen mehrere Restaurants, in denen – aber das ist eigentlich klar
– Gyros, Tzatziki und Feta-Käse angeboten werden.