Montag, 8. Mai 2017, 19.10 Uhr
New York, „Citi Field“
New York gilt als die Stadt, die
niemals schläft. Es ist aber auch die Stadt, in der der Ball niemals
ruht. Das gilt insbesondere dann, wenn die MLB-Saison (Major League
Baseball) läuft. In der Regel haben die Teams mindestens sechs
Spiele pro Woche, meistens wird sogar täglich gespielt. Und da es in
New York – genau wie in Los Angeles – mit den Yankees und den
Mets gleich zwei MLB-Teams gibt, wird im Big Appel fast jeden Tag ein
professionelles Baseball-Spiel geboten. Heute ist der Metropolitan
Baseball Club of New York an der Reihe, den man eigentlich nur unter
seinem Spitznamen „Mets“ kennt. Derzeit spielen die Mets eine
Serie gegen die San Francisco Giants. Das bedeutet: drei Spiele an
drei aufeinanderfolgenden Tagen gegen den immer gleichen Gegner. Dazu
befinden wir uns noch in der nur mäßig attraktiven regular season,
was natürlich nicht die Massen ins Stadion lockt. Während die
Yankees schon seit den 20er-Jahren in der Bronx zu Hause sind,
stammen die erst 1962 gegründeten Mets aus Queens. Von 1964 bis 2008
spielten sie im Shea Stadium, das man hierzulande am ehesten durch
die US-Sitcom „King of Queens“ kennt, dann zogen sie um in einen
direkt daneben gezimmerten Neubau, für dessen Parkplätze das Shea
Stadium weichen musste und abgerissen wurde. Unsympathisch wirkt die
neue Hütte zwar nicht, dennoch hadern die Mets-Fans ein wenig damit,
das der alte Homerun Apple – ein großer Plastikapfel, der immer
dann hinter der Anzeigentafel nach oben gezogen wurde, wenn die Mets
einen Homerun schlugen – nicht ins neue Stadion mitgenommen wurden,
sondern stattdessen ein neuer, größerer und mit LED-Beleuchtung
versehener Plastikapfel vom Club angefertigt wurde. Die Debatte wurde
hitzig geführt, die Fans starteten sogar eine Petition, doch der
Club konnte sich durchsetzen. Als Kompromiss wurde der alte Apfel auf
einen Platz vor dem neuen Stadion installiert. An der Geschichte
merkt man schon, dass die Fangemeinde der Mets etwas speziell ist.
Während die Yankees ein bisschen so etwas wie der FC Bayern des
Baseballs und mit 27 Titeln US-amerikanischer Rekordmeister sind,
galten die Mets lange Zeit als der erfolgloseste Verein der USA.
Hinzu kommt: Sie spielen weit ab vom Schuss draußen in Queens, ihr
Stadion liegt an der vorletzten Subway-Station. Aus rationalen
Gründen entscheidet man sich also nicht dafür, Mets-Fan zu sein.
Und dennoch gibt es einige prominente Mets-Fans, darunter auch die
beiden US-Präsidenten Richard Nixon und George Bush senior. Die sind
heute freilich nicht im Stadion, überhaupt bleiben die meisten Sitze
aus den eingangs erwähnten Gründen leer. Problemlos kann man somit
am Stadion noch ein Ticket kaufen, das günstigste gibt es bereits
für 18 Dollar. Wie beim Fußball haben es die meisten Zuschauer auch
beim Baseball nicht eilig, auf ihre Plätze zu kommen. Beim Fußball
kommen manche erst nach der 30. Spielminute, und auch hier bleiben
noch im zweiten Inning (insgesamt werden neun Innings gespielt) ganze
Sitzreihen frei, die kurz darauf komplett besetzt sind. Dann gibt es
wiederum andere Zuschauer, die gar nicht aufs Spielfeld schauen,
sondern angeregt mit ihren Sitznachbarn über Gott und die Welt
philosophieren und dabei ihre Chicken Wings futtern. Man muss aber
auch dazu sagen: Baseballspiele ziehen sich wie Kaugummi. Satte vier
Stunden dauert die heutige Partie gegen die San Francisco Giants,
mehrere Innings bleiben punktlos. Teilweise passiert eine Stunde lang
einfach mal überhaupt nichts Wichtiges auf dem Spielfeld. Ebenfalls
etwas mühselig: Bei vier Stunden im Stadion kommt man fast nicht um
die auch hier massiv vorhandenen Catering-Stände herum. Die Preise
sind gewohnt astronomisch, etwa für ein Bier müssen über 10 Dollar
bezahlt werden. Die tatsächlich halbwegs günstige Alternative ist
ein Mets-Eisbecher für 6 Dollar, bei dem ein kleiner Baseball-Helm
mit Schokoladen-Softeis vollgepumpt wird – im Normalfall von nur
einer Person nicht zu schaffen. Wie gut, dass der Tag zuvor
maßgeblich in den beiden ethnischen Stadtvierteln Chinatown (dort
wurde wegen der vergleichsweise günstigen Übernachtungspreise auch das Basis-Camp
für diese Tour eingerichtet) und Little Italy verbracht wurde, wo
aus kulinarischer Sicht das Tagessoll bereits erreicht wurde.